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Nicht nur als Studierender, sondern man kann auch als Azubi ins Ausland und so Erfahrungen sammeln. Jedes Jahr nutzen dieses Angebot tausende Azubis. Aber in welchen Berufen gehen besonders viele Auszubildende ins Ausland? Wie gut wird das Angebot genutzt?

Mehr Azubis mit Auslandserfahrung

In der aktuellen Mobilitätsstudie „Auslandsaufenthalte in der Berufsausbildung 2017“ der Nationalen Agentur Bildung für Europa (NA) beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) geht es um das Thema als Azubi ins Ausland. Dabei wurde herausgefunden, dass 2017 insgesamt 5,3 Prozent der Azubis in Deutschland einen Teil ihrer Ausbildung im Ausland verbracht haben. Im Gegensatz dazu waren 2010 nur 2,4 Prozent der Auszubildenden in Deutschland im Rahmen ihrer Ausbildung im Ausland. Die Mobilitätsrate unter Azubis ist damit also deutlich gestiegen. Dabei nutzen männliche Auszubildende das Angebot eines Auslandsaufenthaltes etwas häufiger, als weibliche (54,1 Prozent zu 45,9 Prozent).  Mit 63 Prozent kommen die meisten, die als Azubi ins Ausland gehen, aus kleinen oder mittleren Unternehmen bis 249 Mitarbeiter/innen.

Die Auszubildenden bewerteten den Nutzen ihres Auslandsaufenthalts im Durchschnitt sehr positiv. Auch die Erfahrungen der Betriebe und Schulen fallen laut Studie positiv aus. Hier gaben jeweils 90 Prozent ein positives Urteil ab.

Der Deutsche Bundestag hat 2013 beschlossen, dass der Anteil der Azubis mit Auslandserfahrung kontinuierlich steigen soll und bis 2020 mindestens 10 Prozent aller Auszubildenden während ihrer Ausbildung ins Ausland gehen sollen. Dies geschah vor dem Hintergrund der internationalen deutschen Wirtschaft, denn bei über der Hälfte der Arbeitsplätze, die eine Berufsausbildung voraussetzen, sind Fremdsprachenkenntnisse erforderlich. Durch die Globalisierung werden Arbeitsplätze immer internationaler, worauf die berufliche Bildung vorbereiten soll. Es soll eine internationale Berufskompetenz vermittelt werden und hierbei können Auslandsaufenthalte helfen.

Obwohl sich die Anzahl der Azubis, die ins Ausland gehen, seit 2010 gestiegen ist, wird die Wachstumsgeschwindigkeit dieser Entwicklung in der Studie als zu gering eingeschätzt, als das 2020 die definierten 10 Prozent erreicht werden könnten.

Finanzierung

Die Studie des NA für BIBB hat außerdem ergeben, dass fast jeder zweite Azubi bei zumindest einem Auslandsaufenthalt durch das EU-Bildungsprogramm Erasmus+ gefördert wurde. Aber auch 4 von 10 Azubis haben auf eigene und/oder familiäre Mittel zurückgegriffen. Wer als Azubi ins Ausland geht kann aber auch Glück haben und der Ausbildungsbetrieb übernimmt, zumindest zum Teil, die entstandenen Kosten. Dies war laut Studie bei einem Drittel der Azubis der Fall.

In der Studie wurde die Gruppe der öffentlich geförderten Azubis noch einmal gesondert betrachtet. Hier wurde die große Bedeutung von Erasmus+ als Förderprogramm unterstrichen, denn 7 von 8 dieser Azubis gaben an, durch das Programm gefördert worden zu sein. Auch die Angaben der Betriebe bestätigten diese große Bedeutung, denn auch hier war der meistgenannte Geldgeber Erasmus+ mit 58,8 Prozent. Danach folgte der Betrieb selbst als Geldgeber mit 54,1 Prozent.

Ausschließlich durch öffentliche Programme wurde der Auslandsaufenthalt von 34,4 Prozent der Azubis finanziert. Bei 43,2 Prozent der Azubis wurden die Aufenthalte ausschließlich durch private oder betriebliche Mittel finanziert. Bei 21,1 Prozent der Azubis gab es eine Mischfinanzierung aus öffentlichen Programmen und betrieblichen oder privaten Mitteln.

Zielländer

Wenn man als Azubi ins Ausland möchte, muss man sich natürlich auch über das Zielland Gedanken machen. Die Studie des NA für BIBB hat ergeben, dass Großbritannien mit 24,5 Prozent das beliebteste europäische Land für einen Auslandsaufenthalt als Auszubildender ist. Danach folgen die Niederlande und Frankreich auf den Plätzen zwei und drei. Danach folgen Spanien und Irland.

Nur wenige, die als Azubi ins Ausland gehen, wählen für ihren Aufenthalt ein Land außerhalb von Europa. Das beliebteste außereuropäische Land ist laut Studie die USA mit knapp 2 Prozent. China folgt auf dem zweiten Platz mit einem Prozent. Russland, Südafrika und Japan zählen ebenfalls zu den 5 beliebtesten außereuropäischen Zielländern, obwohl nur zwischen 0,2 und 0,4 Prozent der Azubis hier den Auslandsaufenthalt verbringt.

Dauer

Die Mobilitätsstudie fand außerdem heraus, dass die Auslandsaufenthalte bei mehr als 85 Prozent der Azubis maximal einen Monat dauerten. Bei 33,5 Prozent dauerten die Aufenthalte sogar nur maximal eine Woche. Bei 32,8 Prozent betrug die Dauer des Aufenthalts zwischen einer und drei Wochen. Zwischen 3 Wochen und einem Monat waren knapp 20 Prozent der Azubis im Ausland. Nur bei 14 Prozent dauerte der Aufenthalt länger als einen Monat. Aufenthalte über 3 Monate wurden nur sehr selten angegeben.

Die Studie fand einen starken Zusammenhang zwischen der Dauer und der Art der Finanzierung des Auslandaufenthaltes heraus. Aufenthalte, die privat oder betrieblich finanziert wurden, dauerten demnach oft nur maximal eine Woche. Öffentlich finanzierte Aufenthalte hingegen seien eher auf 3 Wochen bis 3 Monate angelegt. Als mögliche Ursache hierfür wurde angeführt, dass durch Erasmus+ nur Aufenthalte unterstützt werden, die mindestens 2 Wochen lang sind.

Die im Schnitt realisierte Dauer der Aufenthalte wird laut Studie aber aus betrieblicher und schulischer Sicht mehrheitlich als genau richtig beurteilt. Die mit dem Aufenthalt verbundenen Ziele könnten in diesem Zeitraum erreicht werden.

Unterschiede zwischen den Berufen

Welche Berufe begünstigen es, als Azubi ins Ausland zu gehen? Zu den Berufshauptgruppen, bei denen die meisten Azubis ins Ausland gehen, gehören laut Studie mit 11 Prozent die Informatik- und andere IKT-Berufe, Berufe der Unternehmensführung oder –organisation (10 Prozent) und Tourismus-, Hotel- und Gaststättenberufe (9,7 Prozent). Berufe mit sehr geringer internationaler Mobilität sind die in der Metallerzeugung, -bearbeitung und Metallbau (1 Prozent), Verkaufsberufe (1,4 Prozent) und medizinische Gesundheitsberufe (1,8 Prozent).

Vor allem in Berufen mit niedrigen Auszubildendenzahlen kommt es laut Studie oft zu überdurchschnittlich hohen Mobilitätszahlen. Beispielsweise gingen bei den Investmentfondskaufleuten 2017 70,37 Prozent der Azubis ins Ausland. Bei Ausbildungsberufen mit hohen Auszubildendenzahlen hingegen, gibt es Berufe, in denen die Möglichkeit einer Auslandsqualifizierung eher selten genutzt wird, vor allem bei den Berufen Kaufmann/-frau im Einzelhandel und Verkäufer/in.

Fazit

Insgesamt sind also 2017 mehr Menschen als Azubi ins Ausland gegangen, als noch 2010. Die Wachstumsgeschwindigkeit wird in der Studie jedoch als zu gering eingeschätzt, um die angesetzten 10 Prozent bis 2020 zu erreichen. Der Nutzen der Auslandsaufenthalte wird als positiv angesehen, sowohl von den Azubis, als auch von den Schulen und Betrieben. Bei den Zielländern sind vor allem solche, die innerhalb Europas liegen, beliebt. Am beliebtesten ist Großbritannien. Die Dauer der Aufenthalte hängt mit der Finanzierung dieser zusammen. Wer Aufenthalte privat und/oder mit betrieblichen Mitteln finanziert, bleibt oft nur maximal eine Woche im Ausland. Aufenthalte, die öffentlich finanziert werden, dauern eher zwischen 3 Wochen und 3 Monaten. Bei der öffentlichen Finanzierung hat das Erasmus+ Programm die größte Bedeutung. Darüber hinaus gibt es zwischen den Berufen Unterschiede in der Mobilitätsrate. In IKT-Berufen gehen demnach besonders viele als Azubi ins Ausland, in Verkaufsberufen eher wenige. Außerdem gibt es bei Berufen mit wenigen Auszubildenden häufig überdurchschnittliche Mobilitätsraten, was damit zusammenhängen könnte, dass hier eine oder zwei engagierte Berufsschulen mit entsprechenden Angeboten bereits viele Auszubildende erreichen können.

Die Mobilitätsstudie der NA beim BIBB finden Sie hier:

Auslandsaufenthalte in der Berufsausbildung 2017

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Über den Autor J Bohlken