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Wer in Deutschland studieren möchte, braucht in der Regel eine Hochschulzugangsberechtigung. Als solche gelten das Abitur oder auch das Fachabitur. Aber auch ohne Abitur ist studieren möglich. Laut des Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) hatten 2016 57000 Studierende kein (Fach-)Abitur. Studieren ohne Abitur, wie geht das? Was sind die Voraussetzungen? Und wie sieht die Entwicklung momentan aus?

Aktuelle Zahlen

2016 haben 57000 Studierende kein Abitur gehabt, so das CHE. Das sind 2,0 Prozent aller Studierender. Der Anteil unter den Studienanfänger*innen ist mit 2,6 Prozent sogar noch etwas höher. Die Absolvent*innenquote liegt bei 1,8 Prozent. In allen Bereichen bedeutet das eine Steigerung gegenüber dem Jahr 2010. Studieren ohne Abitur ist also längst keine Ausnahme mehr. Die Entwicklung in den Bundesländern hingegen ist sehr unterschiedlich. Zu den Bundesländern mit den meisten Studierenden ohne Abitur zählen Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Berlin. Im Saarland ist der Anteil am geringsten. Etwa die Hälfte der Studierenden ohne Abitur ist zwischen 20 und 30 Jahre alt, ein Drittel ist zwischen 30 und 40 Jahre alt. Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen, die studieren ohne Abitur, ist relativ ausgewogen.

Die beliebtesten Fächer der Studierenden ohne Abitur sind laut CHE die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Am zweit und drittbeliebtesten sind die Ingenieurwissenschaften und die Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften. 61 Prozent der Studierenden ohne Hochschulzugangsberechtigung studieren an eine Fachhochschule bzw. einer Hochschule für angewandte Wissenschaften und etwa ein Drittel an einer Universität.

Studieren ohne Abitur – Die Voraussetzungen

Grundsätzlich ist es so, dass man in jedem Bundesland, egal ob an einer Universität oder Fachhochschule, auch ohne Abitur studieren kann. Studierende ohne Abitur qualifizieren sich über andere Wege, als die klassische Hochschulzugangsberechtigung für ein Studium. Mindestanforderungen sind ein Schulabschluss, eine abgeschlossene Berufsausbildung (mindestens 2  Jahre) und mehrjährige Berufserfahrung (mindestens 3 Jahre). Hat man darüber hinaus schon einen Meistertitel erworben oder hat einen anderen hochqualifizierten Abschluss (bspw. Fachwirt*in, Techniker*in), stehen einem in der Regel alle Studiengänge offen, die Studierende ohne Abitur annehmen. Das sind zurzeit ungefähr 8000 von 19000 Studiengängen. Hat man diese Qualifikation nicht, ist es vom Bundesland abhängig, ob man einen Studiengang, der fern von der Thematik der Ausbildung ist, belegen kann oder nicht. In Nordrhein-Westfalen und Hessen ist das bspw. unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Allgemein ist es oft so, dass beruflich Qualifizierte ohne Meister o.ä. eine Eignungsprüfung/Zulassungsprüfung ablegen müssen. Dabei soll festgestellt werden, ob man den Anforderungen eines Studiums gewachsen ist und diese bewältigen kann. Wird dieser Studierfähgikeitstest bestanden, kann man fachgebunden studieren.
Bei zulassungsfreien Studiengängen kann es außerdem sein, dass die Hochschule ein Probestudium verlangt. Das bedeutet, dass man zwischen 2 und 4 Monate auf Probe an der Hochschule studiert. In dieser Zeit muss eine gewisse Anzahl an Credit Points gesammelt werden. Schafft man dies, kann das Studium fortgesetzt werden. Die Punkte werden in der Regel angerechnet.

Die Zugangsvoraussetzungen sind aber nicht nur in den Bundesländern sehr unterschiedlich, sondern auch an den einzelnen Hochschulen. Die Hochschulen fordern zum Teil für dasselbe Fach unterschiedliche Nachweise und Qualifikationen. Einige Hochschulen führen vorab auch Beratungsgespräche durch. Hier soll in Erfahrung gebracht werden, ob das nötige fachliche und methodische Vorwissen gegeben ist.

Deshalb ist es wichtig, sich vorab zu informieren, welche Voraussetzungen man in dem Bundesland erfüllen muss, in dem man studieren möchte und welche Voraussetzungen die Hochschule hat, an der man sich bewirbt. Die Voraussetzungen der einzelnen Bundesländer sind hier zu finden.

Medizinstudium ohne Abitur

Ja, es ist möglich Medizin und Pharmazie ohne Abitur zu studieren. Hierfür ist mindestens die mittlere Reife erforderlich, ebenso wie eine fachverwandte Berufsausbildung und mehrjährige Berufspraxis im medizinischen Bereich. Eine Berufsausbildung entspricht hierbei aber in der Regel einer Abiturnote von 4,0. Um diese aufzubessern, kann eine Zugangsprüfung abgelegt werden. Es wird empfohlen, sich so früh wie möglich mit der Wunschhochschule in Verbindung zu setzen, da oft viele Unterlagen benötigt werden. Um alle Fristen einhalten zu können, ist eine frühzeitige Anfrage ratsam. Konkrete Informationen sind hier zu finden.

Leistungen aus Berufserfahrung anrechnen lassen?

Ob und in welchem Umfang man sich etwas aus der Berufsausbildung oder Berufserfahrung für das Studium anrechnen lassen kann, hängt von der Hochschule und dem Studiengang ab. Allgemein ist es aber in den meisten Bundesländern so, dass man sich außerhochschulisch erworbene Kompetenzen auf das Studium anrechnen lassen kann. Das kann zu maximal 50 Prozent erfolgen. Wie genau diese Anrechnung aussieht, entscheiden die jeweiligen Hochschulen aber selbst.

Fazit – Studieren ohne Abitur

Studieren ohne Abitur wird immer beliebter. Seit 2010 hat sich die Zahl der Studienanfänger*innen ohne Abitur fast verdoppelt. Sogar Medizin und Pharmazie kann man ohne Abitur studieren. Die Zugangsvoraussetzungen und Verfahren sind aber in den Bundesländern und auch in den Hochschulen sehr verschieden. Deshalb sollte man sich rechtzeitig über die Bedingungen in dem präferiertem Bundesland und der Wunschhochschule informieren.

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Über den Autor J Bohlken