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Spätestens mit einem Alter von 5 oder 6 Jahren stellen sich viele Eltern die Frage nach der Schulfähigkeit ihrer Kinder. Ist mein Kind bereit für die Schule? Was gibt es für Anzeichen? Auf was sollte man achten?

Ist mein Kind bereit für die SChule? – eine individuelle Entscheidung

Stellen sich Eltern die Frage „ Ist mein Kind bereit für die Schule? “ gibt es keine allgemeine Antwort. Wann das Kind eingeschult werden sollte, hängt von seiner Schulfähigkeit ab (früher Schulreife genannt). Ob diese Schulfähigkeit allerdings vorliegt oder nicht, muss individuell entschieden werden. Es gibt viele Komponenten, die hierbei eine Rolle spielen, jedoch keine festen Angaben, die man abarbeiten könnte. Vielmehr spielen sprachliche, motorische, körperliche, geistige, soziale und auch emotionale Kompetenzen des Kindes eine Rolle bei der Entscheidung. Auf mögliche Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, dass das Kind bereit für die Schule ist, wird später eingegangen. Zunächst ist es notwendig, sich die rechtliche Lage in Deutschland genauer anzusehen.

Rechtliche Lage

Auch die rechtliche Lage ist bei der Beantwortung der Frage „ Ist mein Kind bereit für die Schule? “ wichtig, denn ab Vollendung des 6. Lebensjahres besteht allgemein gesprochen die Schulpflicht für Kinder. Doch so pauschal stimmt diese Aussage nicht, denn in den Bundesländern gibt es unterschiedliche Stichtage, die beachtet werden müssen. Dieser Stichtag kann der 30. Juni oder der 31. Dezember sein. Wird ein Kind vor diesem Tag bereits 6 Jahre alt, so ist es ein sogenanntes „Muss-Kind“ und damit schulpflichtig. Eltern können ihre Kinder aber oft von dieser Regel befreien lassen, wenn sie denken, dass ihr Kind noch nicht bereit ist für die Schule. Kinder, die erst nach dem Stichtag 6 Jahre alt werden, sind sogenannte „Kann-Kinder“. Hier müssen und sollen die Eltern entscheiden, ob das Kind bereits bereit für die Schule ist oder besser erst ein Jahr später zur Schule kommen soll.

Keine einfache Entscheidung, vor die Eltern gestellt werden. Viele haben Angst, ihr Kind entweder zu früh einzuschulen und es damit möglicherweise zu überfordern oder aber es zu spät einzuschulen und es damit zu unterfordern. Was die richtige Entscheidung ist, ist dabei individuell.

Besser früher oder später?

Was ebenfalls in die Frage „ Ist mein Kind bereit für die Schule? “ mit rein spielt, ist die Frage, ob eine frühere oder spätere Einschulung allgemein besser für Kinder ist. Hierzu gibt es geteilte Meinungen. Nach der PISA-Studie 2001 waren viele der Meinung, die Schüler/innen in Deutschland seien zu alt und würden zu spät auf den Arbeitsmarkt kommen. Deshalb wurde der Stichtag in einigen Bundesländern auf den 31. Dezember verlegt, weshalb mehr Kinder bereits mit 5 Jahren eingeschult wurden. Um die Schüler/innen früher auf den Arbeitsmarkt zu bringen wurde auch das Abitur nach 8 Jahren (G8) eingeführt. Von dieser G8-Regelung weichen mittlerweile einige Bundesländer wieder ab und kehren zu G9 zurück, denn die Kritik an G8 war groß. Aber wie hat sich die frühere Einschulung vieler Schüler/innen ausgewirkt?

Einige Forschungen kamen zu dem Ergebnis, dass die jüngeren Kinder zwar in den ersten zwei Klassen einige Rückstände beim Lesen und Schreiben aufwiesen, diese aber im späteren Verlauf nicht mehr vorhanden seien. Später seien jünger und älter eingeschulte Kinder ungefähr auf einem Leistungsniveau, bzw. dieses sei unabhängig von dem Alter bei der Einschulung. Auch Kinder, die extra später eingeschult wurden, um bessere Noten erzielen zu können, taten dies in der Regel nicht.

Andere Forschungen hingegen kamen zu dem Ergebnis, dass früher eingeschulte Kinder auch im späteren Schulverlauf mehr Probleme hätten und weniger häufig das Gymnasium besuchen würden. Die Forscher dieser Studien warnen sogar vor einer zu frühen Einschulung. Außerdem kamen einige Studien zu dem Ergebnis, dass jünger eingeschulte Kinder häufiger die Diagnose eine Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bekämen, als die später eingeschulten. Andere Studien weisen darauf hin, dass früher eingeschulte Kinder häufiger sitzenbleiben würden, also eine Klasse wiederholen müssten.

Im internationalen Vergleich ist es so, dass die Länder, in denen Kinder erst etwas später eingeschult werden, wie beispielsweise Finnland, besser bzw. gut in PISA-Studien abschneiden.

Die Studienlage ist also alles andere als einheitlich und bietet deshalb nur bedingt eine Orientierung bei der Beantwortung der Frage „ Ist mein Kind bereit für die Schule? “.

Die Kompetenzen des Kindes beurteilen

Die Frage „ Ist mein Kind bereit für die Schule? “ lässt sich also, wie schon erwähnt, am besten individuell beantworten. Eltern sollten die Kompetenzen und Fähigkeiten des Kindes betrachtet und beurteilen. Hilfreich hierbei sind auch die Erzieher/innen des Kindes. Diese können ebenfalls wertvolle Hinweise und Anhaltspunkte liefern, ob das eigene Kind schon bereit für die Schule ist, denn sie können das Verhalten des Kindes im Zusammenspiel mit anderen Kindern und auch im Hinblick auf andere Fähigkeiten und Aufgaben beurteilen. Sie sollten deshalb die erste Anlaufstelle für Eltern sein, die sich fragen „ Ist mein Kind bereit für die Schule? “.

Auch die Schuleingangsuntersuchung, welche in einigen Bundesländern verpflichtend vor der Einschulung steht, kann Anhaltspunkte für die Schulfähigkeit des Kindes geben. Hier werden vor allem die körperlichen, sprachlichen und motorischen Entwicklungen des Kindes betrachtet und beurteilt.

Ebenfalls hilfreich kann ein Schnuppertag in der Schule sein, wie er oftmals angeboten wird. Hier kann das Kind das erste Mal einen Schultag erleben.

Wichtig ist darüber hinaus aber natürlich auch, was ihr Kind möchte. Eltern sollten auf jeden Fall mit ihrem Kind darüber sprechen, ob es schon in die Schule kommen möchte oder nicht. Ob die Freunde des Kindes schon eingeschult werden, spielt hier natürlich auch eine Rolle. Außerdem wird ein früh eingeschultes Kind immer eines der jüngsten in der Jahrgangsstufe bleiben, was auch nicht außer Acht gelassen werden sollte.

Im Folgenden werden einige Dinge aufgezeigt, die ein Kind können sollte, wenn es in die Schule kommt. Diese sind allerdings nur als Anhaltspunkte gedacht, die oben genannten Dinge sollten trotzdem in Betracht bei der Entscheidung gezogen werden.

  • Selbstständiges an-/ausziehen und Schleife binden
  • Selbstständiger Toilettengang
  • Konzentrations-, Ausdauer- und Frustrationsfähigkeit (bspw. auf ein Spiel konzentrieren können, dabeibleiben und es aushalten, auch mal zu verlieren)
  • Umgang mit Schere und Kleber beherrschen
  • Erkennen und unterscheiden von verschiedenen Symbolen
  • Nachmalen von einfachen Formen, Zahlen und Buchstaben
  • Komplexere Bewegungsabläufe (Ball fangen/werfen, Seilspringen)
  • Gleichgewichtsfähigkeit (auf einem Bein stehen)
  • Fehlerfreies Sprechen
  • Fähigkeit, eine Geschichte in einem logischen (zeitlichen) Zusammenhang zu erzählen
  • Stillsitzen können (zumindest für einige Zeit)
  • Einfache Anweisungen befolgen können
  • Fähigkeit, auf andere Kinder zuzugehen & Freundschaften zu schließen
  • Fähigkeit, sich in Gruppe zu integrieren
  • Eine gewisse allgemeine Selbstständigkeit (kann auch ohne Eltern/braucht keine andauernde Zuwendung von Erwachsenen)
  • Fähigkeit, Bedürfnisse einige Zeit aufzuschieben (Essen/Toilettengang in den Pausen)

Fazit

Die Beantwortung der Frage „ Ist mein Kind bereit für die Schule? “ kann also nur ganz individuell getroffen werden. Allgemein gilt ab 6 Jahren die Schulpflicht für Kinder, aber aufgrund der unterschiedlichen Stichtage, gibt es auch „Kann-Kinder“, die früher oder später eingeschult werden können. Die Forschungslage zu dem Thema ist alles andere als einheitlich, was die Entscheidung für Eltern nicht einfacher macht. Diese sollten mit den Erzieher/innen des Kindes sprechen und deren Meinung einholen. Auch die Schuleingangsuntersuchung kann hilfreich sein, ebenso wie ein Schnuppertag in der Schule. Ebenfalls wichtig ist aber auch die Meinung des Kindes. Möchte dieses bereits in die Schule? Darüber hinaus wurden einige Fähigkeiten aufgeführt, die ein Kind beherrschen sollte, wenn es in die Schule kommt. Diese dienen allerdings nur der Orientierung und sollten nicht als Ausschlusskriterien gesehen werden.

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Über den Autor J Bohlken