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Essen ist ein wichtiger Teil unseres Lebens und auch unserer Gesellschaft. Aber auch das Körperbild und die Idealvorstellung eines Körpers sind ein großes Thema. In den sozialen Medien, im Fernsehen, in Zeitschriften und auch im alltäglichen Leben werden wir hiermit konfrontiert. Haben Menschen keine gesunde Beziehung mehr zum Essen und zu ihrem Körper, handelt es sich um eine Essstörung. Eine solche Essstörung ist beispielsweise die Magersucht bzw. Anorexie oder Anorexia Nervosa. Was genau ist das? Wie äußert sich die Krankheit? Was sind Anzeichen? Was steckt dahinter?
Anorexia Nervosa
Die Magersucht bzw. Anorexia Nervosa ist eine anerkannte Essstörung, die als Diagnose im ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation unter F50.0 zu finden ist. Sie zeichnet sich durch einen selbst herbeigeführten und auch aufrechterhaltenden Gewichtsverlust aus. Betroffene nehmen also aus eigenem Antrieb heraus bewusst immer weiter ab, denn die Angst dick zu sein treibt sie an. Aus dieser Angst heraus setzen sie sich selber sehr geringe Gewichtsziele, die sie erreichen wollen. Doch die gesteckten Ziele sind oftmals nicht genug und so setzen sie sich immer niedrigere Ziele, ohne sich besser zu fühlen oder das Gefühl zu verlieren, dick zu sein. Deshalb liegt bei den meisten diagnostizierten Betroffenen ein Untergewicht vor. Oft ist dieses so stark, dass es zum Ausbleiben der Periode, Haarausfall oder anderen körperlichen Symptomen kommt. Weitere Symptome der Magersucht sind eine eingeschränkte Nahrungsaufnahme und –auswahl und eine übertriebene sportliche Aktivität. Außerdem kann es auch sein, dass Betroffene Abführmittel und/oder Appetitzügler nutzen und gewollt erbrechen. Eine Krankheitseinsicht besteht in der akuten Phase der Erkrankung in der Regel nicht.
An Magersucht erkrankt sind zu einem überwiegenden Teil Mädchen und Frauen, die typischerweise in der Pubertät bzw. dem jungen Erwachsenenalter erstmals erkranken. Jungen und Männer können ebenfalls betroffen sein, wenn auch weitaus weniger häufig.
Um die Diagnose Anorexia Nervosa stellen zu können, müssen folgende Kriterien aus dem ICD-10 erfüllt sein:
- Körperschemastörung (Wahrnehmung als „zu dick“, unabhängig vom tatsächlichen Körpergewicht, das Selbstbild und der Selbstwert sind gestört)
- Untergewicht (BMI unter 17,5, bzw. das Gewicht muss 15 Prozent unter dem zu erwartendem Gewicht liegen)
- Selbst herbeigeführte Gewichtsreduktion
- Endokrine Störungen (ausbleiben der Periode, Libidoverlust, …)
Die Folgen einer Anorexia Nervosa können dabei gefährlich sein. Wird nicht rechtzeitig interveniert, können Betroffene durch das andauernde Hungern sterben. Aber auch vor diesem Zeitpunkt kann die eingeschränkte Nahrungsaufnahme und das daraus entstehende Untergewicht Schäden im Körper anrichten. So können Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen auftreten, es kann zu Unfruchtbarkeit kommen, Osteoporose, Haarverlust und mehr.
Ursachen
Die Ursachen einer Magersucht sind vielfältig. In der Regel kommen mehrere Ursachen zusammen, die zur Krankheit führen. Es gibt demnach nicht „die eine“ Ursache für Magersucht. Dennoch gibt es einige Faktoren, die häufig mit verantwortlich zu sein scheinen. Diese werden nun vorgestellt, wobei diese nur als mögliche Ursachen betrachtet werden können.
Zum einen hat die Forschung herausgefunden, dass es einen erblichen Zusammenhang zu geben scheint. In Familien, in denen diese Erkrankung bereits aufgetreten ist, ist die Wahrscheinlichkeit der Kinder, ebenfalls zu erkranken, erhöht.
Außerdem scheinen auch biologische Faktoren eine Rolle zu spielen. Hier sind es die Botenstoffe und Hormone die relevant zu sein scheinen, zumindest in jedem Fall bei der Aufrechterhaltung. So löst das Fasten bei Magersüchtigen starke positive Gefühle und Effekte aus.
Eine weitere Theorie zur Entstehung einer Magersucht geht davon aus, dass Veränderungen in Lern- und Gedächtnisprozessen in Bezug auf die Themen Essen, Figur oder Gewicht stattgefunden haben. Diese Veränderungen könnten zum einen durch traumatische Erfahrungen entstehen. Zum anderen könnten sie durch kognitive Konditionierungsprozesse entstehen. Diese könnten entweder durch verbale Informationen erfolgen oder aber durch Modelllernen. Ein Beispiel für dieses Modelllernen ist das Beobachten von nahestehenden Personen mit Ängsten in Bezug auf Essen. Durch diese Dinge würden Betroffene die Themen Essen, Gewicht und Figur mit negativen Gefühlen verbinden, wodurch sich auch die Hirnaktivität verändere.
Das Umfeld scheint auch darüber hinaus eine Rolle zu spielen. Ist dieses sehr kontrollierend, übt viel Druck und Zwang aus, kann dies ebenfalls zu einer Essstörung beitragen bzw. dazu, dass diese weiter aufrechterhalten wird.
Weitergehend sei es auch eine mögliche Ursache, dass nahestehende Angehörige auf die Äußerung kindlicher Bedürfnisse der Betroffenen nicht angemessen eingegangen sind. Dadurch hätten Betroffene nicht lernen können, selbst ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und auf diese einzugehen. Daraus könne es in der Folge zu einem Gefühl der Hilflosigkeit kommen und zu einem Gefühl, die Kontrolle über den eigenen Körper zu verlieren.
Auch von Bedeutung scheinen einige Persönlichkeitsmerkmale zu sein. Merkmale wie Zwanghaftigkeit, Ängstlichkeit und Perfektionismus scheinen hier eine Rolle zu spielen. Ebenfalls von Bedeutung, ist ein niedriges Selbstwertgefühl und das Gefühl, sehr hohen Ansprüchen genügen zu müssen.
Ein Gefühl von Kontrollverlust, vor allem in der Pubertät, kann ebenfalls Mitursache einer Essstörung sein. Durch die Essenseinschränkung und den Gewichtsverlust kann auf diesem Gebiet Kontrolle ausgeübt werden, was zu einem Autonomiegefühl und einer Stärkung des Selbstwertes führen kann.
Ebenfalls eine Rolle spielt ein zum Teil unrealistisches Schönheitsideal, was unter anderem in den Medien vertreten wird. Dieses unrealistische Schönheitsideal könne vor allem junge Menschen so unter Druck setzen, dass es zu einer gestörten Selbstwahrnehmung und essgestörtem Verhalten kommen könnte.
Anzeichen und Symptome
Wie bereits erläutert, ist ein selbstherbeigeführter und aufrechterhaltener Gewichtsverlust mit einem Untergewicht ein Diagnosekriterium für eine Magersucht. Auch die Körperschemastörung und die endokrinen Störungen wurden bereits genannt. Nun soll es jedoch darum gehen, konkrete Anzeichen für eine Magersucht, vor allem auf der Verhaltensebene der Betroffenen darzustellen.
Besonders auffällig ist das Essverhalten. Betroffene essen sehr wenig, bis zum Teil gar nicht, um ihr Gewicht zu reduzieren. Wenn sie etwas essen, ist dies außerdem oft mit bestimmten Ritualen verbunden. Diese nehmen oft auch einen langen Zeitraum in Anspruch, sodass auch das Essen eines halben Apfels stundenlang gedehnt werden kann. Außerdem kann es sein, dass nur zu bestimmten Uhrzeiten gegessen wird oder nur mit ganz bestimmten Besteck. Oft ist es auch so, dass nur bestimmte Lebensmittel gegessen werden und andere strikt gemieden werden.
Das Sportverhalten Betroffener ist auch oft auffallend. Es wird häufig exzessiv Sport getrieben, auch hier oftmals ritualisiert.
Auch auffallend kann es sein, dass Betroffene sich viel häufiger wiegen. Kommt es nur zu einer geringen Zunahme, kann dies zu einer psychischen Krise führen.
Ein weiteres Anzeichen kann sozialer Rückzug sein. Die Gedanken der Betroffenen kreisen fast ausschließlich um die Themen Essen, Gewicht und Figur, sodass wenig Kapazität für anderes in ihrem Leben mehr ist. Der soziale Rückzug kann auch dazu genutzt werden, die Magersucht vor anderen weitgehend zu verbergen. Wie bereits gesagt, haben Betroffene in der akuten Phase keinerlei Krankheitseinsicht, die Symptome sind jedoch für andere ab einer bestimmten Phase sehr sichtbar.
Auch eine eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit geht häufig mit der Magersucht einher, denn durch die geringe Nahrungsaufnahme wird das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt.
Diese Anzeichen sind, ebenso wie die aufgeführten Ursachen, nicht als abschließend, vollständig oder uneingeschränkt anwendbar bzw. zutreffend anzusehen. Die Magersucht ist, wie viele andere Erkrankungen auch, ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren und Einflüsse, weshalb sie sich auch verschieden äußern kann bzw. mit verschiedenen Symptomen und Anzeichen einhergehen kann.
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