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Integration ist häufig ein Schlüsselthema, welches bei der Diskussion um Flüchtlinge in Deutschland aufkommt. Um sich erfolgreich zu integrieren, sind  unter anderem Sprachkenntnisse und Bildung entscheidend. Hierzu gehört auch die eventuelle Aufnahme eines Studiums. Aber wie gut sind die Bildungschancen von Flüchtlingen? Wie hoch ist die Motivation für ein Studium? Was sind Hindernisse? Was kann im Hochschulsystem zur Verbesserung getan werden?

Studium – Wie beliebt ist es unter Geflüchteten?

Im Hochschul-Bildungs-Report 2020 vom Stifterverband in Kooperation mit McKinsey & Company werden Hochrechnungen zum Nachfragepotenzial von Hochschulbildung von Flüchtlingen vorgestellt. Von den rund 690.000 geflüchteten zwischen 16 und 34 Jahren, die zwischen 2014 und 2016 nach Deutschland gekommen sind, dürften demnach ca. 420.000 eine hohe Bleibewahrscheinlichkeit haben. Von ihnen wurden dann diejenigen berücksichtigt, die angegeben haben, über ein hohes oder mittleres Bildungsniveau zu verfügen. Dies treffe auf 300.000 Flüchtlinge zu. Da aber nicht alle von ihnen ein Studium aufnehmen wollten, wurde die Auswahl weiter eingegrenzt. Deshalb wurden die Wünsche für ihr weiteres Leben einbezogen, die einer BAMF Kurzanalyse entnommen wurden. Der Stifterverband und McKinsey & Company kamen dazu, dass zwischen 80.000 und 110.000 Flüchtlinge in den nächsten Jahren ein Studium aufnehmen wollen könnten mit dem Ziel, einen akademischen Abschluss zu erhalten. In welchem Umfang dieses Vorhaben aber tatsächlich umgesetzt werde, sei offen. Ebenso sei offen, ob dies bald passieren werde. Viele Flüchtlinge würden erst arbeiten wollen, bevor sie eine Ausbildung oder ein Studium beginnen würden. Außerdem gäbe es weitere Hindernisse, die zu einem verzögerten Anfang oder gar keinem Anfang eines Studiums führen könnten. Die 80.000 bis 110.000 Geflüchteten seien demnach als Mindestpotenzial der Flüchtlinge, die studieren wollen könnten, anzusehen. Anzunehmen seien 32.000 bis 40.000 Flüchtlinge, die 2020 an einer deutschen Hochschule studieren könnten.

Bessere Bildungschancen von Flüchtlingen – Studienvorbereitende Kurse

Um die Bildungschancen von Flüchtlingen zu erhöhen, hat der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) Förderprogramme zur Unterstützung der Hochschulen bei der Integration von Flüchtlingen aufgelegt, so der Stifterverband und McKinsey. Viele Hochschulen würden hieran teilnehmen. Vor allem Integra und Welcome seien zu nennen. Derzeit würden rund 15.000 Flüchtlinge an einem solchen Kurs teilnehmen. Die Kurse können sowohl Sprach-,als auch fachliche Kurse sein. Integra biete beides, um sich auf ein Studium vorzubereiten. So könnten die Flüchtlinge schneller ein Studium aufnehmen. Hochschulen bekommen laut Stifterverband und McKinsey zur Etablierung und dem Ausbau solcher Programme Förderung.

Hindernisse beim Studieneinstieg

Auch wenn die Geflüchteten über die formalen Zugangsvoraussetzungen zu einem Studium verfügen ((Fach-)Abitur), können Hindernisse zwischen ihnen und der Aufnahme eines Studiums stehen. Die Bildungschancen von Flüchtlingen hängen oft auch von deren Bewältigung ab.

Zum einen werden in dem Hochschul-Bildungs-Report 2020 die Sprachkenntnisse als mögliche Hürde genannt. An Hochschulen sei Deutsch auf C1-Niveau meist der gängige Richtwert. Häufig sei ein Nachweis über die nötigen Sprachkenntnisse nötig, um zu einem Studium zugelassen zu werden. Hierfür gäbe es diverse Prüfungen, um diesen Nachweis zu erbringen. Um das geforderte Niveau zu erreichen gäbe es außerdem Angebote. Die Integrationskurse des BAMF würden demnach Deutschkenntnisse auf B1-Niveau vermitteln.  Darüber hinaus gäbe es Anschlussangebote auf Landes- oder kommunaler Ebene. Um auf das C1-Niveau zu kommen, müssen allerdings oft weitere Sprachkurse absolviert werden, die nicht immer finanziert werden. Die eigene Finanzierung solcher Sprachkurse, um die Hochschulzugangsberechtigung zu erhalten, ist für viele Flüchtlinge allerdings schwer. Die Bildungschancen von Flüchtlingen können dadurch eingeschränkt werden.
Neben den Sprachtests könnte es außerdem dazu kommen, dass eine Feststellungsprüfung abgelegt werden müsse. Dies sei der Fall, wenn es wesentliche Unterschiede zwischen dem ausländischen Abschluss und der Voraussetzung zum Hochschulzugang in Deutschland gäbe. Vor dieser Prüfung würden in der Regel Vorbereitungen am Studienkolleg absolviert werden. Diese würden konkrete Kurse für ausländische Bewerber anbieten.

Als weiterer Punkt werden die finanziellen Hürden in dem Hochschul-Bildungs-Report 2020 angesprochen. Asylberechtigte, anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte können demnach ohne Wartezeit BAföG beantragen. Seit 2016 könnten außerdem Geduldete und Inhaber bestimmter humanitärer Aufenthaltstitel nach 15 Monaten Aufenthalt in Deutschland BAföG beantragen. Ist das Asylverfahren eines Asylbewerbers allerdings noch nicht abgeschlossen, könne dieser auch kein BAföG beziehen. Problematisch könne dies für Asylsuchende, -bewerber und Geduldete werden. Nach den ersten 15 Monaten in Deutschland, werden die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf Leistungen nach Sozialhilfe umgestellt. Haben sich die Asylsuchenden, -bewerber oder Geduldete allerdings schon während ihres Asylverfahrens an einer Hochschule eingeschrieben, könne der Anspruch auf Sozialhilfe nach dem 15. Monat verloren gehen. Ein Anspruch auf BAföG besteht während des Asylverfahrens ebenfalls nicht. Es könne also zu einer Finanzierungslücke kommen. Diese Situation könne sich laut Stifterverband und McKinsey aber ab 2018 verbessern. Die neuen Asylverfahren seien momentan nur 2 Monate lang und die alten Verfahren sollen demnach zeitnah abgearbeitet sein.
Es könne aber auch zu Problemen kommen, wenn man zunächst BAföG berechtigt ist. Der Anspruch auf BAföG könne nämlich auch durch die vorherige Studienzeit im Herkunftsland oder die Erreichung einer Altersgrenze verfallen.

Als letzter Punkt werden gesundheitliche Probleme genannt. Schätzungsweise seien demnach weltweit bis zu 20 Prozent der Flüchtlinge traumatisiert. Aus diesen Traumata könnten sich Traumafolgestörungen entwickeln, die die Aufnahme eines Studiums erschweren könnten. Die Bildungschancen von Flüchtlingen mit solchen Störungen sind vermindert, da nicht kontinuierlich Leistung erbracht werden kann.

Bildungschancen von Flüchtlingen – Fazit und Forderungen

Im Hochschul-Bildungs-Report 2020 wird die Verkürzung des Prozess von Einreise bis zur Aufnahme eines Studiums empfohlen, da die Motivation von Flüchtlingen in den ersten Monaten nach der Einreise am größten sei. Hierfür seien weitere unterstützende Maßnahmen zur Integration erforderlich. Eine Möglichkeit sei die Weiterführung der Förderung von Sprachkursen und fachlichen Kursen, wie sie bspw. durch DAAD angeboten werden. Programme und Maßnahmen von DAAD finden sie hier. Auch Beratungsleistungen seien bedeutsam, ebenso wie die engere Zusammenarbeit der zuständigen Institutionen. Auch ein Ausbau von Arbeits- und Servicestellen mit Fokus auf Flüchtlinge sei nötig. Außerdem sollten die Standards und die Studienkultur an deutschen Hochschulen, laut Stifterverband und McKinsey mehr vermittelt werden. Wie gesundheitliche und finanzielle Probleme vermieden bzw. vermindert werden könnten, sollte ebenfalls durch Beratungen vermittelt werden.
Auch die frühzeitige Bildungsberatung wird als wichtiges Element genannt. Berufliche Kompetenzen könnten erfasst werden und so der Weg zu einer Berufsausbildung oder einem Studium geebnet werden. Um mittel- und langfristig den Studienerfolg von Flüchtlingen zu gewährleisten und hohe Abbruchquoten zu verhindern, müsse die Studienberatung mit dem Ziel eines verbesserten Studienerfolgs fortgeführt bzw. ausgebaut werden. Außerdem müsse der Konflikt bearbeitet werden, dass in NC-Fächern Flüchtlinge mit anderen ausländischen Studierenden um das 5 Prozent Kontingent an ausländischen Studierenden konkurrieren würden. In stark nachgefragten Fächern könne dies andernfalls zu einer Verdrängung führen.
Die Bildungschancen von Flüchtlingen in Bezug zur Aufnahme eines Studiums unterliegen also einigen Faktoren und Hindernissen, die es zu bewältigen gilt.

Den Hochschul-Bildungs-Report 2020 finden Sie hier:

Hochschul-Bildungs-Report 2020

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Über den Autor J Bohlken