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Essen ist ein wichtiger Teil unseres Lebens und auch unserer Gesellschaft. Aber auch das Körperbild und die Idealvorstellung eines Körpers sind ein großes Thema. In den sozialen Medien, im Fernsehen, in Zeitschriften und auch im alltäglichen Leben werden wir hiermit konfrontiert. Haben Menschen keine gesunde Beziehung mehr zum Essen und zu ihrem Körper, handelt es sich um eine Essstörung. Eine solche Essstörung ist beispielsweise die Bulimie bzw. Bulimia Nervosa. Was genau ist das? Wie äußert sich die Krankheit? Was sind Anzeichen? Was steckt dahinter?

Bulimia Nervosa

Die Bulimie bzw. Bulimia Nervosa ist eine anerkannte Essstörung, die als Diagnose im ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation unter F50.2 zu finden ist. Sie zeichnet sich durch regelmäßige Essanfälle aus, in denen Betroffene in kurzer Zeit sehr viele Kalorien zu sich nehmen. Diese Essanfälle können von den Betroffenen nicht kontrolliert werden, sie können also nicht einfach aufhören zu essen und auch nicht selbstbestimmt entscheiden, was sie essen und wie viel sie davon zu sich nehmen.

Aus Angst, an Gewicht zuzunehmen, greifen Betroffene zu Gegenmaßnahmen. Oftmals erbrechen sie sich, nehmen Abführ- oder Entwässerungsmittel oder andere Medikamente. Auch Phasen des Fastens bzw. Hungerns können vorkommen, ebenso wie unregelmäßiges Essen und viel Sport und Bewegung.

Das Körpergewicht und die eigene Figur spielen demnach ständig eine große Rolle im Leben der Betroffenen. Beide Faktoren haben einen großen Einfluss auf das Selbstwertgefühl der Personen und sie haben Angst, übergewichtig bzw. dick zu werden.

Betroffen sind dabei vor allem Mädchen und Frauen, sie machen ca. 90 Prozent der Erkrankten aus. Insgesamt sind etwa 1,5 Prozent der Bevölkerung betroffen. Besonders groß ist das Erkrankungsrisiko bei Mädchen während der Adoleszenz und des frühen Erwachsenenalters. Häufig lässt sich feststellen, dass der Bulimie eine Episode der Anorexie vorangegangen ist. Was genau eine Anorexie ist, erfahren Sie hier.

Um die Diagnose Bulimia Nervosa stellen zu können, müssen folgende Kriterien aus dem ICD-10 erfüllt sein:

  • Andauernde Beschäftigung mit Essen, wiederholte Anfälle von Heißhunger/Gier nach Nahrungsmitteln
  • Essattacken mit sehr großer Nahrungsaufnahme
  • Versuchte selbstherbeigeführte Verhinderung von Gewichtszunahme (erbrechen, Abführmittel, Hungern, Appetitzügler o.a. Medikamente)
  • Starke Furcht dick zu werden; häufig selbst gesetzte Gewichtsgrenze, die unter dem „gesunden“ Gewicht liegt

Die Folgen einer Bulimie können dabei schwerwiegend sein. So ist das Mortalitätsrisiko, also die Gefahr zu sterben, doppelt so hoch wie bei gesunden Personen. Außerdem ist das Suizidrisiko bei Betroffenen um ein 7-faches erhöht. Darüber hinaus können auch weitere körperliche Schäden entstehen. Durch das häufige Erbrechen können dauerhafte Schäden an der Speiseröhre und den Zähnen entstehen. Außerdem kann durch das Erbrechen der Wasser- und Elektrolythaushalt geschädigt werden, was unter anderem zu Herzrhythmusstörungen führen kann. Ebenfalls durch das häufige Erbrechen möglich sind Speicheldrüsenvergrößerungen und –entzündungen, sowie Nierenfunktionsstörungen und Magenrupturen. Ebenfalls können Verdauungsstörungen auftreten, ebenso wie Nährstoffmangel. Dieser wiederrum kann seinerseits weitere Auswirkungen haben, beispielsweise auf das Herz-Kreislauf-System, den weiblichen Zyklus und die Konzentration.

Ursachen

Die Ursachen einer Bulimie sind vielfältig. In der Regel kommen mehrere Ursachen zusammen, die zur Krankheit führen. Es gibt demnach nicht „die eine“ Ursache für Bulimie. Dennoch gibt es einige Faktoren, die häufig mit verantwortlich zu sein scheinen. Diese werden nun vorgestellt, wobei diese nur als mögliche Ursachen betrachtet werden können.

Zum einen scheint es einen biologischen Einfluss zu geben. So würden einige Betroffene eine erbliche genetische Veranlagung mitbringen. Auch ein Serotoninmangel und niedrige Werte körpereigener Opioide können Teil der Ursache sein. Aber auch ein häufiges Diäthalten kann mitverantwortlich sein als körperlicher Einfluss.

Außerdem spielen auch Persönlichkeitsmerkmale eine Rolle. Hierzu zählt ein geringes Selbstwertgefühl, ein Hang zum Perfektionismus und eine schon bestehende starke Auseinandersetzung mit den Themen Figur, Aussehen und Gewicht sowie einer Sorge um diese. Der Leistungsanspruch Betroffener ist zudem häufig sehr hoch, sie haben ein sehr schlankes Schönheitsideal und meist ein negatives Selbstbild im Zusammenhang mit einer ausgeprägten selbstkritischen Haltung. Auch Versagensängste sind häufig.

Auch familiäre Einflüsse können eine Rolle spielen. Hierzu kann ein gestörtes Essverhalten innerhalb der Familie zählen, ebenso wie die Betroffenheit eines anderen Familienangehörigen bzgl. einer Essstörung. Auch fehlende Wärme und Zuneigung kann eine Rolle spielen, ebenso wie eine impulsive und dysfunktionale Streitkultur. Aber auch ein dysfunktionales Schönheitsideal innerhalb der Familie bzw. eine Betonung der Wichtigkeit eines schlanken Körpers können eine Rolle spielen.

Das schlanke Schönheitsideal kann auch auf gesellschaftlicher Ebene eine Rolle spielen, denn dieses wird auch durch Medien verbreitet und vertreten.

Ebenfalls ursächlich für die Bulimie können belastende oder traumatische Erlebnisse sein, wie bspw. Missbrauchs- oder Gewalterfahrungen oder Vernachlässigungen.

Das Essen kann bei Betroffenen einen Ausgleich zu dieser ständigen Anspannung bzw. negativen Gefühlslage darstellen, welcher im Sinne der operanten Konditionierung weiter verstärkt wird, denn während des Essens verschwindet der Druck. Nach dem Essen kann bspw. das Erbrechen zur Verhinderung einer Gewichtszunahme dann ein Gefühl der Kontrollfähigkeit zurückgeben, was ebenfalls durch Konditionierung weiter verstärkt wird, da so die negativen Gefühle nach dem Essanfall eingedämmt werden können. So kann sich ein Kreislauf einstellen.

Anzeichen und Symptome

Wie bereits erläutert, sind eine andauernde Beschäftigung mit Essen, Essattacken, Verhalten um Gewichtszunahme zu vermeiden und eine starke Furcht vor dem dickwerden Symptome einer Bulimia Nervosa. Nun soll es allerdings um weitere Anzeichen und Symptome vor allem auf der Verhaltenseben der Betroffenen gehen, an denen man eine Bulimie erkennen kann.

Das Gewicht der Betroffenen ist dabei kein solches Anzeichen. Erkrankte sind häufig normalgewichtig, können aber auch leicht unter- oder übergewichtig sein.

Ein Anzeichen kann allerdings sozialer Rückzug sein. Die Gedanken der Betroffenen kreisen häufig um das Thema Essen und ihre Figur. Außerdem sind die Essanfälle sehr häufig mit Scham, Schuldgefühlen und Frustration behaftet. Darum versuchen Betroffene meist, diese Anfälle sowie ihr Diäthalten vor anderen geheim zu halten. Um dies gewährleisten zu können, ziehen sie sich von anderen Menschen zurück und brechen Kontakte ab.

Auch Geldprobleme treten im Zusammenhang mit Bulimie zum Teil auf. Im Falle eines Essanfalls müssen schnell große Mengen an Nahrung eingekauft werden. Je nachdem, wie häufig diese Anfälle sind, kann dies zu einer großen finanziellen Belastung werden.

Ebenfalls ein Anzeichen kann es sein, wenn das Essen in der Öffentlichkeit weitgehend gemieden wird. Wird dennoch im Beisein von anderen gegessen, essen Betroffene häufig nur „gesunde“ und ausgewählte Lebensmittel. Auch dies dient dazu, die Krankheit vor anderen zu verbergen und diese geheim zu halten. Generell kann ein stark kontrollierendes, z.T. sogar zwanghaftes, Essverhalten ein weiteres Anzeichen für eine Bulimie sein.

Andererseits kann es auch auffallen, wenn Betroffene Nahrungsmittel horten und verstecken, um diese im Fall eines Essanfalls schnell griffbereit zu haben. Dies kann vor allem dann auffallen, wenn die Betroffenen nicht allein wohnen sondern z.B. noch bei den Eltern.

Ebenso kann es anderen Personen unter Umständen auffallen, wenn Betroffene regelmäßig Abführ- oder Entwässerungsmittel kaufen bzw. zu sich nehmen. Auch ein häufiges Verschwinden von Betroffenen auf die Toilette kann ein Anzeichen sein.

Auch körperliche Symptome, bspw. durch häufiges Erbrechen können Auffallen, wie Zahnschäden oder sehr trockene Haut. Aber auch das Anschwellen der Speicheldrüsen kann ein Anzeichen sein, was zu typischen „Hamsterbacken“ führt.

Diese Anzeichen sind, ebenso wie die aufgeführten Ursachen, nicht als abschließend, vollständig oder uneingeschränkt anwendbar bzw. zutreffend anzusehen. Die Bulimie ist, wie viele andere Erkrankungen auch, ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren und Einflüsse, weshalb sie sich auch verschieden äußern kann bzw. mit verschiedenen Symptomen und Anzeichen einhergehen kann.

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Über den Autor J Bohlken