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Dual Studierende finden sich – nach einer Studie des CHE, die in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut Betriebliche Bildung entstanden ist – vermehrt in einem regelrechten Vertragsdschungel wieder. In Deutschland gibt es aktuell etwa 2.000 duale Studienangebote, die von ca. 122.000 Studierenden genutzt werden. Allerdings sind die Beschäftigungsverhältnisse äußerst heterogen ausgeprägt, sodass die Lage als allgemein sehr unübersichtlich beschrieben werden kann.

Welche Formen dualer Studiengänge gibt es in Deutschland?

Um den Vertragsdschungel im deutschen System dualer Studiengänge zu begreifen, muss vorerst zwischen den verschiedenen Studiengangstypen des dualen Studiums unterschieden werden:

  1. Praxisintegrierende Variante
  2. Ausbildungsintegrierende Variante
  3. Berufsintegrierende Variante

Ursprünglich war das duale Studium in Deutschland in Form der ausbildungsintegrierenden Variante konzipiert, bei der neben dem Studium zusätzlich eine Berufsausbildung abgeschlossen wurde. Heute macht diese Variante des dualen Studiums allerdings mit 34,8% nicht mehr den größten Anteil aus. Spitzenreiter ist heute nämlich mit einem Anteil von 59,5% die praxisintegrierende Variante, bei der das Studium mit längeren Praxisphasen kombiniert wird. Das Schlusslicht bildet mit lediglich 5,7% dann die berufsintegrierende Variante, bei der das Studium an eine parallele Berufstätigkeit gekoppelt ist.

In der Regel handelt es sich bei dualen Studiengängen um grundständige Studiengänge, die mit einem Bachelor abschließen (84,9%). Allerdings besteht bei 13,5% der dualen Studiengänge in Deutschland die Möglichkeit mit einem Master und bei 1,6% sogar mit einem Diplom abzuschließen.

Verbesserungspotentiale im dualen Studiensystem

Unser Blogbeitrag: Duales Studium 2022 – Was muss sich ändern? hat sich bereits mit der Frage nach den Verbesserungspotentialen im dualen Studiensystem beschäftigt und ist dabei auch auf die Problematiken im Bereich der rechtlichen Rahmenbedingungen erstmalig eingegangen. Dieser Blogbeitrag fokussiert sich nun aber auf die konkrete Ausgestaltung der Vertragssituation im dualen Studium. Sollte Interesse an anderen verbesserungswürdigen Bereichen des dualen Studiums bestehen, empfiehlt sich der oben verlinkte Blogbeitrag.

Dual Studierende im Vertragsdschungel

Mit der Differenzierung der Studiengangstypen im dualen Bereich, kam es auch zu einer Vervielfältigung von angewandten Vertragsformen, sodass sich dual Studierenden in einem regelrechten Vertragsdschungel wiederfinden. Die Bandbreite reicht von Studienverträgen über Ausbildungs- oder Arbeitsverträge bis hin zu Praktikanten- und Werkverträgen.

Der Vertragsdschungel auf Papier

Dabei ist allein der Ausbildungsvertrag dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder der Handwerksordnung (HwO) unterstellt, durch den rechtliche Verbindlichkeit sowie Rechtssicherheit gegeben sind. Gewerkschaften fordern – gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung hin zur Dominanz der praxisintegrierenden Variante – das praxisintegrierende Studium ebenfalls dem BBiG zu unterstellen. Gegenstimmen erwidern auf diese Forderung, dass das duale Studium viel Flexibilität benötige und warnen in diesem Zusammenhang vor einer Überregulierung durch zu viele detailreiche Vorschriften.

Eine Lösung für den Vertragsdschungel könnte in den Hochschulgesetzen der Länder zu finden sein, wenn diese denn einen ausreichenden rechtlichen Rahmen für die verschiedenen Varianten des dualen Studiums böten. Allerdings beziehen sich die meisten Hochschulgesetze in ihren Vorschriften für das duale Studium, wenn es sie denn überhaupt gibt, in der Regel nur auf das ausbildungsintegrierende duale Studium. Dahingehend bedürfte es somit einer Anpassung der Hochschulgesetze, die die berufsintegrierende Variante aber vor allem eben auch die dominierende Variante des praxisintegrierenden dualen Studiums berücksichtigen.

Der Vertragsdschungel in der Praxis

Bei Betrachtung der empirischen Realität in Bezug auf die Beschäftigungsverhältnisse konnte die Studie herausstellen, dass der Studienvertrag mit 45,9% am stärksten verbreitet ist. Mit 30,4% stellt der Arbeitsvertrag die zweithäufigste Vertragsform im dualen Studiensystem dar. Der Ausbildungsvertrag nach BBiG oder HwO, der als Grundlage in den meisten Landeshochschulgesetzen gilt, macht lediglich einen Anteil von 26,4% aus. Vertragsarten wie Praktikant*innenverträge, beamtenrechtliche Dienstverhältnisse auf Zeit sowie Werk- und Stipendienverträge kommen weitaus weniger häufig vor.

Interessant ist zudem, dass im Rahmen der ausbildungsintegrierenden Variante des dualen Studiums nicht nur Ausbildungsverträge, sondern auch Studien- und Arbeitsverträge abgeschlossen werden. Dies gilt vice versa für praxis- oder berufsintegrierende duale Studiengänge, in denen neben Studien- und Arbeitsverträgen eben auch Ausbildungsverträge abgeschlossen werden.

Situation der dual Studierenden im Vertragsdschungel

Dass die Vielfalt an Vertragsoptionen auf dual Studierende überfordernd wirkt, wird auch insbesondere deutlich wenn man sich die Befragungsergebnisse der Studie hinsichtlich der eigenen vertraglichen Situation der Studierenden anschaut. Sie geben vermehrt an, dass sie nicht sicher einschätzen können, ob ihr Vertrag angemessen ist und 11% sind sich mitunter ihrer eigenen vertraglichen Situation unklar, indem sie keine Angabe über die Art ihres Vertrages machen können.

Wie kommt Licht ins Dickicht?

Bei der Betrachtung des Vertragsdschungels wird man sich zu Recht die Frage stellen, wie denn dort jetzt Licht ins Dickicht kommen soll. Die Studienautor*innen geben dahingehend eine Reihe von Handlungsempfehlungen, die sich vor allem an die Ausschüsse vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) sowie an die Mitglieder der Kultusministerkonferenz (KMK) richten:

  • Etablierung von Beratungsangebote zu Vertragsfragen für dual Studierende 
  • Bereitstellung von Musterdokumenten zur Vertragsgestaltung
  • Anpassung der Ländergesetze nach dem aktuellen Entwicklungsstand

Die Befolgung und Umsetzung dieser drei Handlungsempfehlungen, sollte zu einer Verbesserung im dualen Studiensystem beitragen.

 

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Über den Autor Annika

Social Media Manager Profiling Institut