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Resilienz ist ein Begriff, der uns in unserer heutigen Welt häufig begegnet. Man spricht von resilienten Kolleg/innen, Freund/innen und anderen Personen, an denen Stress und Belastungen einfach abzuperlen scheinen. Aber was genau ist Resilienz? Was steckt hinter dem Konzept? Was hat es wirklich damit auf sich?

Der klassische Resilienzbegriff

Das Wort Resilienz stammt aus dem englischen („resilience“) und bedeutet in seiner Grundform erst einmal so etwas wie Elastizität, Spannkraft oder auch Widerstandsfähigkeit. Dabei wurde der Begriff ursprünglich in der Werkstoffkunde genutzt, bevor er seine Bedeutung in Psychologie, Sozialpädagogik und vielen anderen Fachrichtungen bekommen hat.

Zuerst eingeführt in die Psychologie wurde der Resilienzbegriff dabei in den 50er-Jahren. Die zunehmende Bedeutung des Resilienzkonzeptes begann allerdings mit einer Forschung in den 70er-Jahren, die als erste Studie zu diesem Konzept gilt. Bei dieser Langzeitstudie wurden die Entwicklungsverläufe von Kindern einer Insel, die aus schwierigen Verhältnissen stammten, seit deren Geburt für 40 Jahre lang verfolgt. Ergebnis dieser Studie war, dass etwa ein Drittel der untersuchten Kinder trotz der widrigen Umstände zu psychisch gesunden und leistungsfähigen Erwachsenen geworden waren. Die Forscher*innen beschrieben diese Kinder als resilient gegenüber den Risiken, denen sie in ihrer Entwicklung ausgesetzt waren.

Aber was genau bedeutet Resilienz denn jetzt? Mit dem Begriff ist die psychische Widerstandsfähigkeit von einigen Personen gemeint, die dazu führt, dass Krisen überstanden werden und hieraus eine Entwicklungsmöglichkeit gezogen wird. Im klassischen Sinne bezieht sich der Begriff dabei auf Kinder, wie solche in der vorgestellten Studie, die während ihrer Entwicklung verschiedenen Entwicklungsrisiken ausgesetzt waren, von denen viele andere Kinder negative Folgen mitgenommen hätten, diese resilienten Kindern jedoch nicht. Dabei können die Risiken, denen die Kinder ausgesetzt sind, sowohl biologischer, psychologischer oder auch sozialer Art sein. So können diese beispielsweise Armut, Traumata, ein niedriger sozioökonomischer Status, Scheidung der Eltern, chronische Krankheiten oder auch Gewalt- und Kriegserfahrungen sein. Resiliente Kinder scheinen die negativen Entwicklungsverläufe und fehlangepassten Verhaltensweisen, die aus den individuellen Risiken resultieren können, abzuwehren und sich trotz aller schwierigen Umstände psychisch gesund und zuversichtlich zu entwickeln.

Auf der anderen Seite des Spektrums steht dabei der Begriff der Vulnerabilität. Dies ist quasi der Gegenspieler der Resilienz. Vulnerabilität bedeutet die individuelle Verletzlichkeit, die eine Person gegenüber verschiedenen Risiken hat. Besonders vulnerable Personen haben demnach ein höheres Risiko für fehlangepasste und ungesunde Verhaltensweisen und somit auch für Störungen.

Heute ist der Resilienzbegriff weiter geöffnet und bezieht sich auch auf Personen, die gegenüber Krisen im Alltag psychisch widerstandsfähig sind, diese überstehen und gestärkt aus ihnen hervorgehen, ohne daran zu zerbrechen. Auch solche Personen werden als resilient bezeichnet. Wichtig ist und bleibt aber der Bezug der psychischen Widerstandsfähigkeit gegenüber widriger Umständen oder Krisen, die angenommen und förderlich verarbeitet werden sodass gestärkt aus ihnen herausgegangen werden kann, die den Resilienzbegriff ausmacht.

Was beeinflusst die Resilienzentwicklung?

Dabei ist Resilienz nicht als feststehende oder stabile Charaktereigenschaft zu verstehen, die ein Kind oder Mensch von Anfang an besitzt oder nicht und die sich im Leben damit nicht verändert. Resilienz ist viel mehr eine Fähigkeit, die sich durch einen Entwicklungs- und Anpassungsprozess und den Einfluss verschiedener Faktoren hierauf entwickelt. Resilienz als Eigenschaft können und müssen Menschen also zuerst einmal erwerben. Zeigen tut sich die Resilienz dann darin, wie sich eine Person Verhält, wie sie denkt und Situationen bewertet und welche Muster in ihrem Leben es gibt. Dabei bedeutet es jedoch auch nicht, dass eine resiliente Person absolut immun gegenüber negativen Ereignisse ist, sie also komplett unverletzlich ist. Resilienz ist etwas relatives, was sich auch situationsspezifisch zeigen kann.

Dabei sind vielfältige Faktoren an diesem Prozess beteiligt und nehmen einen Einfluss auf die Resilienzentwicklung. Zuerst nehmen die bereits vielfach angesprochenen problematischen Umstände oder Krisen einen großen Einfluss auf die Entwicklung. So entwickelt sich die Resilienz nicht trotz dieser Umstände, sondern gerade wegen dieser und den damit einhergehenden Herausforderungen, welche gemeistert werden wollen und müssen.

Um gestärkt aus der erfolgreichen Bewältigung dieser herausgehen zu können, sind allerdings auch andere Faktoren von Bedeutung. Eine zentrale Rolle nimmt dabei das soziale Umfeld ein, welches schützende Faktoren zur Verfügung stellen kann, die eine resiliente Entwicklung begünstigen. So ist eine sichere Bindung zu einer stabilen Bezugsperson inner- oder außerhalb der Familie von Bedeutung, auch wenn das sonstige Familiensystem eher dysfunktional seien sollte. Auch positive Unterstützung durch Freunde, Lehrer/innen und Nachbar/innen sind schützend. Auch diese können als Vertrauensperson fungieren und damit emotionalen Halt und emotionale Unterstützung bieten. Außerdem scheint es für Kinder hilfreich zu sein, eine Aufgabe zu haben und dieser immer weiter nachzugehen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Kinder bereits früh selbstständig sein mussten und Verantwortung übernommen haben.

Neben den sozialen Faktoren scheinen aber auch Persönlichkeits- bzw. genauer gesagt Temperamenteigenschaften eine Rolle zu spielen. So würden später resiliente Kinder oder Personen bereits als Babys und Kleinkinder dadurch auffallen, dass sie ausgeglichen und aufgeschlossen sind und über ein hohes Antriebsniveau verfügen. Auch Selbstständigkeit und Leistungsfähigkeit sei bei diesen Kindern im Schulalter häufig beobachtbar. Auch Disziplin und Empathie scheinen eine Rolle bei der Entwicklung zu spielen, ebenso wie die Intelligenz und kognitive Leistungsfähigkeit einer Person. Damit sich diese schützenden Eigenschaften jedoch entwickeln können, ist wieder die Interaktion mit dem Umfeld entscheidend.

Was kann man zur Stärkung der Resilienz tun?

Resilienz ist also etwas erlern- und trainierbares, was durch viele verschiedene Faktoren beeinflusst wird. Aber was kann man tun, um mehr Resilienz zu erlangen, wenn man diese nicht bereits in der Kindheit aufgebaut hat? Wie kann man also besser mit Krisen umgehen und gestärkt aus ihnen hervorgehen? Zum einen gehört zum resilienten Umgang mit schwierigen Situationen ein angemessener Bewertungsstil. So sind resiliente Menschen zwar nicht desillusioniert, sie neigen aber dennoch dazu in ungewissen Situationen eher etwas positives zu sehen und glauben eher daran, dass diese einen guten Ausgang haben werden. Hier spielt auch ein Sinn für die Realität eine Rolle, denn durch realistische Einschätzungen von Situationen können unrealistische Befürchtungen beseitigt werden, vor allem wenn noch eine eher optimistische Grundhaltung hinzu kommt.

Außerdem ist die Selbstwirksamkeit der Personen zentral, denn resiliente Personen glauben eher, dass sie selbst etwas dazu beitragen können, dass dieser positive Verlauf eintritt. Sie nehmen also keine Opferrolle im Geschehen ein, sondern sehen sich als aktiven Teil des Geschehens, der einen positiven Einfluss auf dieses nehmen kann. Um selbstwirksam denken und handeln zu können, muss man auch um die eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten wissen und diese nicht anzweifeln, sondern vielmehr auf diese aufbauen und sie nutzen. Dabei ist auch die Lösungsorientierung zentral. Eine Versteifung auf das Problem bietet keine Möglichkeit, dieses anzugehen und daran zu wachsen. Vielmehr liegt der Fokus resilienter Personen auf der möglichen Lösung, wie diese erreicht werden kann und wie sie hierauf Einfluss nehmen können.

Es geht also nicht darum, schwierige Situationen zu verdrängen oder von sich zu weisen, sonder vielmehr, diese anzunehmen, zu akzeptieren, lösungsorientiert zu reflektieren, auf dieser Grundlage selbstbestimmt und -wirksam anzugehen und als Entwicklungschance zu nutzen. Diese Art des Denken und der Bewertung von Situationen zu erlernen und trainieren, ist dabei keinesfalls leicht oder schnell umsetzbar. Es gleicht eher einem langfristigen Lernprozess, auf welchen man sich einlassen muss und den man wirklich gehen wollen sollte.

Außerdem gehört es dazu, sich mit sich selbst auseinander zu setzen und für sich zu sorgen. Dazu gehört auch, die Sozialkontakte zu schätzen und zu pflegen, welche eine Unterstützung bieten. In krisenhaften Situationen ist es dieses soziale Netz, auf das sich resiliente Personen verlassen können, welches ihnen zusätzlichen Halt gibt und durch Hilfestellungen darin unterstützt, an der Krise zu wachsen.

Fazit

Resilienz, also die psychische Widerstandsfähigkeit in Bezug auf krisenhafte und schwierige Situationen und Ereignisse, ist also keine angeborene Fähigkeit oder Superkraft, die Menschen haben oder nicht. Vielmehr handelt es sich um eine Fähigkeit, die sich durch vielfältige Einflussfaktoren mehr oder weniger stark entwickelt. Aber auch im späteren Leben kann sie trainiert und aufgebaut werden. Hierzu muss man jedoch bereit sein, einen längeren Prozess einzugehen. Denn Resilienz ist nichts, was sich über Nacht aufbauen lässt oder was für immer in jeder Situation bleibt und unmittelbar zur Verfügung steht. Wer jedoch einige Punkte versucht zu berücksichtigen und an sich und seinen Bewertungen und Einstellungen arbeitet und ein unterstützendes Umfeld pflegt, kann Resilienz aufbauen und gestärkt aus Krisen hervorgehen. Die hier aufgeführten Aspekte sind dabei keinesfalls abschließend oder verallgemeinerbar. Es handelt sich um einige Aspekte, die zu einem resilienteren Umgang mit Krisen führen können, aber nicht für jede Person müssen. Der Aufbau von Resilienz ist etwas individuelles, was für jeden anders aussehen kann.

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Über den Autor J Bohlken