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Essen ist ein wichtiger Teil unseres Lebens und auch unserer Gesellschaft. Aber auch das Körperbild und die Idealvorstellung eines Körpers sind ein großes Thema. In den sozialen Medien, im Fernsehen, in Zeitschriften und auch im alltäglichen Leben werden wir hiermit konfrontiert. Haben Menschen keine gesunde Beziehung mehr zum Essen und zu ihrem Körper, handelt es sich um eine Essstörung. Eine solche Essstörung ist beispielsweise die Binge-Eating-Störung. Was genau ist das? Wie äußert sich die Krankheit? Was sind Anzeichen? Was steckt dahinter?

Binge-Eating-Störung

Die Binge-Eating-Störung ist eine anerkannte Essstörung, die als Diagnose im DSM-V der American Psychiatric Association zu finden ist. Sie zeichnet sich durch regelmäßige Essanfälle aus, in denen Betroffene in kurzer Zeit sehr viele Kalorien zu sich nehmen. Diese Essanfälle können von den Betroffenen nicht kontrolliert werden, sie können also nicht einfach aufhören zu essen und auch nicht selbstbestimmt entscheiden, was sie essen und wie viel sie davon zu sich nehmen. Es entsteht das Gefühl, dass die Kontrolle über das eigene Essverhalten entgleitet.

Anders als bei der Bulimie greifen die Betroffenen der Binge-Eating-Störung allerdings nicht zu Gegenmaßnahmen, wie Erbrechen, Abführen oder übermäßigen Sport. Das Essverhalten zwischen den Essanfällen kann dennoch chaotisch, ungeordnet und unregelmäßig sein, aber auch zeitweise kontrolliert. Dabei ist die Scham und der Ekel nach den Essanfällen bei den Betroffenen meist groß. Auch Schuldgefühle treten häufig nach den Anfällen auf. Deshalb versuchen Betroffene die Essanfälle geheim zu halten, sodass niemand davon erfährt. Die Tatsache, dass Betroffene keine Gegenmaßnahmen, wie z.B. bei der Bulimie, ergreifen, ist ihr Körpergewicht oft höher und sie gelten häufig als übergewichtig oder sogar adipös. Aber auch Personen mit Normalgewicht können an einer Binge-Eating-Störung leiden.

Das Körpergewicht und die eigene Figur spielen dabei oft eine große Rolle bei den Betroffenen. Sie haben ein negatives Bild von sich und ihrer Figur und haben ein geringes Selbstwertgefühl. Deshalb können Betroffene auch häufig versuchen, mit diversen Diäten ihr Gewicht zu reduzieren.

Betroffen sind dabei mehr Frauen als Männer, wobei die Differenz zwischen den Geschlechtern weniger ausgeprägt ist als bei anderen Essstörungen. Insgesamt seien etwa 2 Prozent der Bevölkerung betroffen. Besonders groß sei das Erkrankungsrisiko bei jungen Erwachsenen und Personen in ihrer Lebensmitte, was die Störung ebenfalls von anderen Essstörungen wie der Bulimie oder Magersucht unterscheidet.

Um die Diagnose Binge-Eating-Störung stellen zu können, müssen folgende Kriterien aus dem DSM-V erfüllt sein:

  • Wiederholt auftretende Essanfälle
  • Während der Essanfälle müssen mind. 3 der folgenden Symptome auftreten: deutlich schnelleres Essen als üblich; Essen, bis es zu einem als unangenehm empfundenen Völlegefühl kommt; trotz fehlendem Hungergefühl werden große Nahrungsmengen gegessen; gegessen wird allein, da man sich vor der verzehrten Nahrungsmenge schämt; nach den Essanfällen wird Ekel vor sich selbst empfunden, ebenso wie Schuld oder Deprimiertheit
  • Deutlicher Leidensdruck durch die Essanfälle
  • Essanfälle treten über 3 Monate durchschnittlich einmal die Woche auf
  • Es gibt keine unangemessenen Kompensationsverhaltensweisen und die Essanfälle treten nicht nur im Rahmen einer Anorexie oder Bulimie auf

Die Folgen einer Binge-Eating-Störung können dabei schwerwiegend sein. Am häufigsten tritt die Störung gemeinsam mit einer Adipositas, also starkem Übergewicht, auf. Starkes Übergewicht kann sich wiederum auf die körperliche Gesundheit auswirken, denn es kann sich unter anderem negativ auf das Herz-Kreislauf-System auswirken, ebenso wie das Risiko für eine Diabetes erhöht wird. Auch die Wirbelsäule, sowie die Knochen und Gelenke können in Mitleidenschaft gezogen werden. Aber auch die psychischen und sozialen Folgen der Störung können groß sein. Die Betroffenen leiden meist stark und haben ein sehr negatives Bild von sich. Außerdem ziehen sich viele aus Scham und Ekel immer mehr zurück, was bis zur sozialen Isolation führen kann.

Ursachen

Die Ursachen einer Binge-Eating-Störung sind vielfältig. In der Regel kommen mehrere Ursachen zusammen, die zur Krankheit führen. Es gibt demnach nicht „die eine“ Ursache für eine Binge-Eating-Störung. Dennoch gibt es einige Faktoren, die häufig mit verantwortlich zu sein scheinen. Diese werden nun vorgestellt, wobei diese nur als mögliche Ursachen betrachtet werden können.

Zum einen scheint es einen biologischen und körperlich bezogenen Einfluss zu geben. So werde eine genetische Komponente diskutiert, da die Störung oft gehäuft in Familien auftreten würde. Außerdem würde ein Übergewicht in der Kindheit das Risiko an der Störung zu erkranken erhöhen. Ebenso als Risikofaktor würde häufiges Diäthalten gesehen werden, welches mit häufigen Gewichtsschwankungen einhergehen würde. Das häufige Fasten und das Verbot bestimmter Lebensmittel, könnte zu vermehrten Heißhungerattacken führen, die wiederrum in einer Binge-Eating-Störung enden könnten.

Außerdem spielen in diesem Zusammenhang auch Persönlichkeitsmerkmale eine Rolle. Ein möglicher Risikofaktor sei dabei Impulsivität. Wer zu impulsivem Handeln neige, ohne dabei über mögliche Konsequenzen und Folgen nachzudenken, habe ein höheres Risiko an der Störung zu erkranke.

Auch die eigene Einstellung zum Körper, zur eigenen Figur und zum Aussehen zählt zu den relevanten Faktoren. Unzufriedene Personen würden eher dazu tendieren, häufiger Diäten zu halten, was wiederrum zu Heißhunger und Essattacken führen kann. Aber auch bei der Aufrechterhaltung der Störung spiele die Einstellung der Betroffenen zu ihrem Körper, Aussehen und sich selbst eine Rolle. Durch das negative Selbstbild und die Kopplung des eigenen Selbstwertes an das Aussehen und Gewicht, könne sich ein Teufelskreis entwickeln. Durch die Essattacken würden sich die Betroffenen besonders schlecht fühlen, was ihren Selbstwert vermindere. Mit diesen negativen Gefühlen könnten Betroffene dann häufig nicht adäquat umgehen, sondern würden sie mit weiterem Essen kompensieren. Auch andere negative Gefühle, wie Trauer oder ähnlichem, würden von Betroffenen häufig durch Essen kompensiert werden. Die Emotionsregulation scheint demnach auch eine Rolle zu spielen.

Ebenfalls als Risikofaktor fungieren, könnten negative und traumatische Lebensereignisse, wie Missbrauchs- oder Gewalterfahrungen. Auch andere kritische Lebensereignisse, wie Trennungserfahrungen usw., könnten das Risiko erhöhen.

Auch familiäre Einflüsse könnten eine Rolle spielen. Hierzu könne es unter anderem zählen, wenn Betroffene negative Erfahrungen bzgl. ihres Aussehens und Gewichts innerhalb ihrer Familie gemacht hätten. Negative und abwertende Kommentare von Angehörigen könnten sich als Risikofaktor auswirken. Auch das Essverhalten der Eltern und die Regeln, die dem Kind diesbezüglich auferlegt werden würden, könnten einen Einfluss haben. Seien diese Regeln besonders streng und strikt, könne das einen Einflussfaktor darstellen, da die Kinder nicht selbst lernen würden, mit ihrem Hunger oder nicht-Hunger umzugehen.

Auch das schlanke Schönheitsideal auf gesellschaftlicher Ebene könne eine Rolle spielen. Dieses können bei Betroffenen zu einer überhöhten Idealvorstellung und einer Abwertung des eigenen Körpers führen, was wiederrum häufige Diäten zur Folge haben könne.

Anzeichen und Symptome

Wie bereits erläutert, sind wiederkehrende Essattacken ohne kompensatorische Verhaltensweisen das Hauptsymptom der Binge-Eating-Störung. Nun soll es allerdings um weitere Anzeichen und Symptome vor allem auf der Verhaltenseben der Betroffenen gehen, an denen man eine Binge-Eating-Störung erkennen kann.

Das Gewicht der Betroffenen kann dabei eine Rolle spielen. Wie bereits erwähnt, sind viele der Betroffenen übergewichtig oder sogar adipös. Allerdings gibt es auch Betroffene im Bereich des Normalgewichtes.

Ein weiteres Anzeichen kann sozialer Rückzug sein. Betroffene empfinden meist Scham und Ekel bezüglich ihrer Essanfälle und leiden allgemein unter einem geringeren Selbstwert. Auch das Essen und vor allem die Essanfälle werden oft allein durchgeführt und es wird versucht, es unter allen Umständen geheim zu halten. Um die Essanfälle geheim halten zu können, ziehen sich einige Betroffene von anderen Personen zurück.

Auch Geldprobleme treten im Zusammenhang mit der Binge-Eating-Störung zum Teil auf. Im Falle eines Essanfalls müssen schnell große Mengen an Nahrung eingekauft werden. Je nachdem, wie häufig diese Anfälle sind, kann dies zu einer großen finanziellen Belastung werden.

Außerdem kann es auch auffallen, wenn Betroffene Nahrungsmittel horten und verstecken, um diese im Fall eines Essanfalls schnell griffbereit zu haben. Dies kann vor allem dann auffallen, wenn die Betroffenen nicht allein wohnen sondern z.B. noch bei den Eltern.

Auch das Essverhalten zwischen den Essanfällen kann auffällig sein. So halten einige Betroffene zwischen den Anfällen immer mal wieder Diäten, essen unregelmäßig und chaotisch oder kontrolliert.

Diese Anzeichen sind, ebenso wie die aufgeführten Ursachen, nicht als abschließend, vollständig oder uneingeschränkt anwendbar bzw. zutreffend anzusehen. Die Binge-Eating-Störung ist, wie viele andere Erkrankungen auch, ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren und Einflüsse, weshalb sie sich auch verschieden äußern kann bzw. mit verschiedenen Symptomen und Anzeichen einhergehen kann.

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Über den Autor J Bohlken