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Es gibt viele verschiedene Erziehungsstile, die in der Bevölkerung verbreitet sind. Einer davon ist der Laissez-faire Erziehungsstil. Was genau bedeutet das? Wie gut ist dieser Erziehungsstil? Welche Folgen hat er?

Definition

Der Laissez-Faire Erziehungsstil ist einer der durch die Sozialpsychologie definierte Erziehungsstil. Laissez-faire kommt dabei aus dem französischen und bedeutet übersetzt so viel wie „machen lassen“.

Der Laissez-faire Erziehungsstil ist dabei dadurch geprägt, dass die Eltern eine stark passive bzw. neutrale Rolle einnehmen und sich mit jeglichem Eingreifen oder „Einmischen“ zurückhalten. Die Kinder sollen sich gemäß dieses Erziehungsstiles möglichst selbstständig und ohne Eingreifen von außen entwickeln. Das bedeutet, dass die Eltern keine Regeln setzen, keine oder nur sehr geringe Ansprüche an das Kind stellen, nicht tadeln oder bestrafen, nicht loben und wenn überhaupt nur Hilfe oder Unterstützung anbieten, wenn das Kind diese explizit einfordert. Auch Werte sollen in dieser Erziehung nicht aktiv durch die Eltern vermittelt werden. Die Eltern erwarten demnach auch nicht, dass sich das Kind gemäß seines Alters oder gemäß moralischer bzw. sozialer Werte verhält. Die Kinder werden in ihrem Leben und ihrer Entwicklung also größtenteils allein gelassen, die Eltern spielen keine aktive und interessierte Rolle hierin.

Das Kind darf in dieser Erziehung alles tun, was es möchte, ohne dass die Eltern korrigierend oder lenkend eingreifen. Das bedeutet auch, dass es alle Entscheidungen selbstständig und allein treffen muss, ohne dass die Eltern unterstützen oder handelnd zur Seite stehen. Das bezieht sich sowohl auf den Alltag des Kindes als auch die schulische Laufbahn und jeden weiteren Aspekt im Leben des Kindes.

Die Eltern verfolgen dabei nicht das Ziel, ihrem Kind gute Voraussetzungen für dessen Entwicklung zu bieten. Sie greifen nicht fördernd ein und helfen ihm nicht aktiv den bestmöglichen Lebensweg zu finden und zu bestreiten.

Das Verhältnis zwischen Eltern und Kind ist beim Laissez-faire Erziehungsstil dabei eher gleichgültig und neutral. Zwar verhalten sich die Eltern dem Kind gegenüber meist freundlich, durch ihr stark passives Verhalten sind sie allerdings kein aktiver und interessierter Teil des Lebens ihres Kindes, weshalb sie sich eher gleichgültig, unpersönlich und neutral zu ihm verhalten. Oftmals geben sie sich auch distanziert.

Der Laissez-faire Erziehungsstil soll dabei bewirken, dass das Kind sich ohne äußere Einflüsse oder Einmischungen der Eltern frei entwickeln kann, ohne in eine Richtung gedrängt zu werden. Auch soll sich seine Selbstständigkeit und Kreativität dadurch verbessern, dass es jegliche Entscheidungen eigenständig treffen muss. So soll ihm eine möglichst große Freiheit ermöglicht werden. Eltern können diesen Erziehungsstil also wählen, da sie denken, dem Kind etwas Gutes zu tun. Der Erziehungsstil kann allerdings auch aus einer Gleichgültigkeit der Eltern, fehlender Zeit oder Überforderung resultieren. Auch Eltern, die sehr harmoniebedürftig und konfliktscheu bis konfliktunfähig sind, können zu dieser Erziehung tendieren.

Auswirkungen und Folgen

Wie bereits erwähnt, sehen Verfechter/innen des Laissez-faire Erziehungsstil dessen Vorteile darin, dass den Kindern maximale Freiheit gegeben wird und sie so den Freiraum bekommen, sich selbst ohne äußere Einflüsse zu entwickeln. Dabei sollen die Selbstentfaltung, die eigenständige Persönlichkeitsbildung, Selbstständigkeit und Kreativität positiv beeinflusst werden. Der Laissez-faire Erziehungsstil wird jedoch von sehr vielen Personen, auch innerhalb der Wissenschaft, kritisch angesehen, da zahlreiche Studien negative Folgen für die Kinder nahegelegt haben.

Eine der zentralen Folgen des Laissez-faire Erziehungsstiles ist es, dass die Kinder häufig kein adäquates Sozialverhalten entwickeln können. Sie haben Probleme, mit anderen umzugehen und sich in den Strukturen der Gesellschaft einzufinden. Dadurch, dass sie selbst keine Regeln und Grenzen erfahren haben, wirkt sich das negativ auf das soziale Miteinander mit anderen aus. Ihnen fällt es schwer, die Regeln und Grenzen anderer zu erkennen und anzuerkennen und sich anderweitigen äußeren Regeln und Grenzen unterzuordnen und diesen zu folgen.

Weitergehend können die Kinder wiederholte Frustrationserlebnisse im Zusammenhang mit schulischen Anforderungen sammeln. Auch dem Leistungsdruck in der Schule sind sie häufig nicht gewachsen, was zu Versagensängsten führen kann.

Auch das soziale und gefühlvolle Miteinander kann durch den Erziehungsstill negativ beeinflusst werden. So können Schwierigkeiten in der Beziehungsgestaltung zu anderen auftreten, sei es in Bezug auf Freundschaften oder auch Partnerschaften, da die emotionale Nähe und Vertrautheit in der Kindheit nie zu den Eltern aufgebaut wurde und so die emotionale Entwicklung nicht adäquat verlaufen konnte. Bindungsschwierigkeiten können die Folge sein.

Ebenfalls tritt häufig eine Orientierungslosigkeit bei den Kindern auf, da die Eltern keinen Weg anleiten und auch nicht als Vorbild oder beratend zur Seite stehen. Die Kinder lernen nicht, was gut und was schlecht ist, was richtig und falsch. Auch die fehlende Auseinandersetzung und Diskussion mit den Eltern kann sich negativ auswirken, da die Kinder so nicht lernen ihr eigenes Verhalten und Denken zu reflektieren. Dadurch kann es dazu kommen, dass die Kinder Schwierigkeiten damit haben, eine eigene Meinung zu bilden, diese zu artikulieren und auch durchzusetzen. Die Freiheit, alle Entscheidungen selbst zu treffen, stellt sich deshalb häufig als große Herausforderung dar. Auch im späteren Leben kann sich diese Orientierungslosigkeit fortsetzen. Äußern kann sie sich unter anderem in Aggressionen. Im schlimmsten Fall kann sich dies auch so weit verstärken, dass sich eine Suchtproblematik entwickelt.

Auch eine Vernachlässigung des Kindes kann aus einem stark ausgeprägtem Laissez-faire Erziehungsstil resultieren. Diese kann sich sowohl emotional/seelisch als auch körperlich zeigen und manifestieren.

Fazit

Der Laissez-faire Erziehungsstil zeichnet sich durch eine passive und neutrale Rolle der Eltern aus, bei der diese möglichst wenig in das Leben des Kindes eingreifen. Es werden keine Regeln oder Grenzen aufgestellt, keine moralischen oder sozialen Normen vermittelt, nicht gelobt oder getadelt und den Kindern freien Lauf gelassen. Die Kinder müssen alles selbst entscheiden, ihren Alltag eigenständig gestalten und erhalten nur Unterstützung, wenn sie explizit danach fragen. Der Umgang miteinander ist oft distanziert und die Eltern nehmen keine aktive und interessierte Rolle im Leben der Kinder ein. Der Erziehungsstil kann dabei viele negative Folgen mit sich bringen, die von Problemen im Sozialverhalten, Bindungsschwierigkeiten, Orientierungslosigkeit, Aggressionen, Versagensängsten, Frustrationserlebnissen, Vernachlässigung und Suchtproblematiken reichen können. In seiner reinen Form ist der Laissez-faire Erziehungsstil aufgrund dieser starken Kritik nur noch selten anzutreffen.

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Über den Autor J Bohlken