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Die Umstellung des Abiturs auf G8 hat in den letzten Jahren zu vielen Diskussionen und Debatten geführt. Mittlerweile haben mehrere Bundesländer die Rückkehr zu G9 beschlossen, unter anderem vor kurzem Nordrhein-Westfalen. Aber was geht mit der Rückkehr einher? Wie teuer ist sie? Wie soll die Umsetzung aussehen?

G8 und G9

Die Einführung des Abiturs nach der 12. Jahrgangsstufe, also nach 8 Jahren auf dem Gymnasium, wird kurz G8 genannt. Demgegenüber steht das Abitur nach der 13. Jahrgangsstufe, also nach 9 Jahren auf dem Gymnasium, das sogenannte G9. G8 ist das Ergebnis einer Schulreform, die zwischen 2012 und 2015 in fast allen Bundesländern umgesetzt wurde.

Diese Schulzeitverkürzung sollte dazu führen, dass die Schüler/innen ein Jahr früher mit einer Berufsausbildung oder einem Studium anfangen und dementsprechend auch früher Steuern und Sozialabgaben zahlen. Dies sollte, zusammen mit anderen Maßnahmen, wie dem späteren Eintritt in die Rente, dafür sorgen, den Effekten des demographischen Wandels entgegenzuwirken. Die Leistungsfähigkeit von Deutschland als Wirtschaftsstandort sollte gesichert werden und auch die Sozialversicherungssysteme sollten stabilisiert werden.

Kritik an G8

Die Umstellung auf G8 wurde seit ihrer Einführung viel diskutiert und kritisiert. Mit der Umstellung kam es unter anderem zur Erhöhung der Wochenstundenzahl. Das heißt, die Schüler/innen hatten in der Woche deutlich mehr Unterricht, als noch zu Zeiten von G9. Dies sei, laut Kritikern, mit einer höheren Belastung verbunden und weniger Zeit für Hobbys und Freunde. Außerdem wird befürchtet, dass die Studierfähigkeit der neuen Studierenden geringer ist, d.h., dass die G8-Abiturient/innen nicht ausreichend auf ein Studium vorbereitet sind bzw. diesem nicht gewachsen sind. Des Weiteren sei nicht genügend darüber nachgedacht worden, ob die Unterrichtsinhalte, die auf die jüngeren Schüler/innen zukommen, angemessen für diese seien. Es wird angezweifelt, dass die Schüler/innen über die entsprechenden persönlichen Voraussetzungen für die vertiefende Befassung mit den Inhalten verfügen.

Rückkehr zu G9 in einzelnen Bundesländern

Aufgrund der anhaltenden Kritik haben mittlerweile mehrere Bundesländer die Rückkehr zu G9 beschlossen und zwar Niedersachsen, Hessen, Bayern, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Wie diese Rückkehr genau aussehen soll, ist jedoch von Bundesland zu Bundesland verschieden.

Das erste Bundesland, welches die Rückkehr zu G9 beschlossen hat, war 2014 Niedersachsen. Mit Beginn des Schuljahres 2015/2016 wurde die Rückkehr für die Jahrgangsstufen fünf bis acht vollzogen. Der letzte G8-Jahrgang legt dementsprechend 2019 in Niedersachen das Abitur ab und im Jahr 2020 wird es in Niedersachsen keinen regulären Abiturjahrgang geben. Der erste Jahrgang, der wieder nach G9 sein Abitur ablegt, tut dies im Jahr 2021.

In Hessen ist es so, dass die Schulen seit dem Schuljahr 2013/2014 frei wählen können, ob sie ein Abitur nach G8 oder G9 anbieten. Die Mehrzahl der Schulen bietet momentan das Abitur nach neun Jahren an.

In Bayern wird die Rückkehr zu G9 im Schuljahr 2018/2019 für die fünften und sechsten Klassen vollzogen. 2024 werden hier also die letzten Schüler/innen ihr Abitur nach acht Jahren ablegen. 2025 wird es in Bayern keinen regulären Abiturjahrgang geben.

In Schleswig-Holstein soll der Wechsel zurück zu G9 im Schuljahr 2019/2020 für die Klassen fünf und sechs vollzogen werden, wobei die Einzelschulen einmalig die Wahl haben, ob sie doch weiterhin das Abitur nach acht Jahren abnehmen  bzw. anbieten wollen.

Nordrhein-Westfalen hat erst vor kurzem die Rückumstellung auf G9 beschlossen. Auch hier soll die Umstellung im Jahrgang 2019/2020 für die fünften und sechsten Klassen vollzogen werden. Hier haben die Schulen ebenfalls die einmalige Wahl, ob sie bei G8 bleiben wollen oder wieder auf G9 umstellen.

Darüber hinaus gibt es in Baden-Württemberg einen Modellversuch mit G9 an 44 Schulen. Eine flächendeckende Rückkehr ist jedoch zunächst nicht beschlossen oder geplant.

Die Mehrkosten

Dadurch, dass die Varianten der Rückkehr in den Bundesländern unterschiedlich sind, sind auch die Schätzungen der Personal- und Raumkosten unterschiedlich. So geht man in Niedersachsen davon aus, keinen Mehrbedarf an Räumen zu haben, da es einen allgemeinen Schülerrückgang gibt. In Bayern und Nordrhein-Westfalen sehen die Schätzungen hingegen ganz anders aus. Bayern geht von Mehrkosten für Neu- und Ausbau in Höhe von 500 Millionen Euro aus, Nordrhein-Westfalen sogar von 518 Millionen Euro Mehrkosten.

Neben dem Problem des eventuellen Raummangels ergibt sich in einigen Bundesländern außerdem auch ein Mehrbedarf an Lehrkräften. Dabei ist der Lehrkräftemangel schon jetzt ein bundesweites Problem. So geht Nordrhein-Westfalen davon aus, 2200 zusätzliche Lehrer zu benötigen. Dies führt wiederrum zu Mehrkosten in Höhe von 115 Millionen Euro im Jahr. In Bayern wird davon ausgegangen, dass 1000 zusätzliche Stellen benötigt werden, was zu Kosten in Höhe von 100 Millionen Euro pro Jahr führt. In Hessen wird davon ausgegangen, dass ab 2021 ca. 460 mehr Lehrer benötigt werden, was Mehrkosten in Höhe von 27 Millionen Euro bedeutet. In Schleswig-Holstein geht man von einem Mehrbedarf an Lehrkräften in Höhe von 116 aus.

Rechnet man diese Mehrkosten zusammen, bedeutet das, dass bundesweit Mehrkosten von rund 1,2 Milliarden Euro anfallen werden. Es ist aber davon auszugehen, dass diese Zahl noch höher ausfallen wird, da noch nicht alle Bundesländer, die wieder auf G9 umstellen werden, eine Kostenabschätzung abgegeben haben.

Fazit

Die Umstellung auf G8 hat zu heftiger Kritik und Diskussionen geführt. Deshalb haben sich viele westliche Bundesländer dazu entschieden, zu G9 zurück zu kehren. Diese Rückkehr zu G9 ist jedoch mit zum Teil sehr hohen Mehrkosten verbunden. Einige Bundesländer gehen davon aus, Mehrkosten aufgrund von notwendigen Neu- und Ausbauten zu haben, um genügend Raumkapazitäten zu haben. Außerdem geht man in vielen Bundesländern davon aus, mehr Lehrkräfte zu benötigen, was wiederum Mehrkosten bedeutet. Rechnet man diese Kosten bundesweit zusammen, kommt man auf 1,2 Milliarden Euro Mehrkosten. Diese werden in der Realität voraussichtlich aber noch überschritten, da nicht alle Bundesländer eine Kostenabschätzung abgegeben haben.

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Über den Autor J Bohlken