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Das Arbeiten im Homeoffice ist momentan für viele Menschen Alltag geworden. Dass das auch Herausforderungen mit sich bringt, wurde bereits in dem Artikel „Herausforderungen im Homeoffice“ thematisiert. Eine dieser Herausforderungen ist auch die Erreichbarkeit im Homeoffice. Wie sieht diese aus? Wie klappt die Trennung von Arbeit und Privatem? Wie wird die Erreichbarkeit wahrgenommen?
Aktuelle Ergebnisse
Die aktuelle Situation bedeutet für viele Menschen, dass sie im Homeoffice arbeiten (müssen). Während das für einige eventuell schon vorher Normalität war, ist es für andere eine komplett neue Situation und Erfahrung. Dabei können verschiedene Herausforderungen auftauchen. Vor allem die Erreichbarkeit und damit verbunden auch die Kommunikation mit Kolleg/innen und Vorgesetzten kann schwierig sein. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat in seinem IW-Kurzbericht 39/2020 „Erreichbarkeit gestalten: verfügbar, beschäftigt oder abwesend?“ die Erreichbarkeit im Homeoffice thematisiert.
Dabei ging es auch um die Trennung oder aber Vermischung von Privatem und Beruflichem. Wenn berufliches auch im Privatleben zur Verfügung steht oder die Person für die Arbeit erreichbar ist, spreche man von einer arbeitsbezogenen erweiterten Erreichbarkeit. Dies könne zu Konflikten führen, aber auch positive Effekte nach sich ziehen, wenn sich positive Entwicklungen und Erfahrungen aus einem Bereich auf den anderen „übertragen“.
Ergebnisse einer Beschäftigtenbefragung
Weitergehend stellt das IW einige Ergebnisse der IW-Beschäftigtenbefragung 2018 vor, um das Thema Erreichbarkeit im Homeoffice weiter zu beleuchten. Hierfür wurden 2500 in der Privatwirtschaft beschäftigte Personen befragt. Dabei zeigte sich, dass 45,7 Prozent der Befragten angaben, nie mit dem mobilen Internet zu arbeiten. Die übrigen Beschäftigten (54,3 Prozent bzw. 1364 Personen), die angegeben haben zumindest selten mit dem mobilen Internet zu arbeiten, wurden zu ihrer Erreichbarkeit hierrüber in ihrem privaten Leben befragt.
Dabei ging es zum einen um die erwartete Erreichbarkeit, also wie oft von den Kolleg/innen, dem Arbeitgeber oder ähnlichen erwartet werde, dass sie auch außerhalb der Arbeitszeit in ihrem privaten Leben für dienstliches erreichbar sind. 18,5 Prozent der Befragten gaben an, dass dies häufig der Fall sei. Zu diesen Personen würden allerdings auch Beschäftigte mit Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdiensten zählen. 36,8 Prozent gaben an, dass dies manchmal der Fall sei, 30,2 Prozent selten und 14,5 Prozent nie.
Zum anderen ging es um die tatsächliche Kontaktierung, also wie oft die Befragten tatsächlich in ihrem privaten Leben für dienstliches kontaktiert wurden. Dabei gaben 13,6 Prozent an, dass dies häufig der Fall sei. Bezogen auf alle Beschäftigten bedeute das, dass 7 Prozent der Beschäftigten häufig in ihrem Privatleben für dienstliches kontaktiert werden würden. 37,8 Prozent der Befragten gaben an, dass dies manchmal vorkomme, 35,6 Prozent dass es selten vorkomme und 13,1 Prozent, dass es nie vorkomme.
Nicht alle gleich häufig betroffen
Die arbeitsbezogene erweiterte Erreichbarkeit, welche beim Thema Erreichbarkeit im Homeoffice von Bedeutung ist, betreffe dabei laut IW nicht alle Beschäftigten gleichermaßen. So würden Teilzeitkräfte seltener im privaten Leben wegen dienstlichem kontaktiert werden bzw. würden sie seltener angeben, dass dies der Fall sei. Entgegengesetzt sei es hingegen bei Personen mit Führungsverantwortung. Sie würden häufiger angeben, auch im privaten bezüglich dienstlichem kontaktiert zu werden.
Dies erklärt das IW unter anderem damit, dass Beschäftigte mit Führungsfunktion häufiger mobil arbeiten würden. Dadurch würde es auch mehr Möglichkeiten und Gelegenheiten geben, privates und berufliches zu vermischen. Außerdem argumentiert das IW, dass die Erreichbarkeit dieser Personen auch außerhalb von regulären Arbeitszeiten häufiger notwendig sei, um im Betrieb einen reibungslosen Ablauf garantierten zu können. Dies begründen sie mit einer besonderen und z.T. alleinigen Entscheidungsverantwortung und Freigabefunktionen.
Um diesen Prozessen und der daraus resultierenden Vermischung zwischen Privatem und Beruflichem entgegen zu wirken, benötige es Stellvertretersysteme und eine gelungene und klare Delegation von Verantwortung, wenn die Führungskraft nicht erreichbar ist. Wie auch die Daten aus der IW-Beschäftigtenbefragung zeigen würden, sei dies in größeren Unternehmen aufgrund der höheren Mitarbeitendenzahl leichter umsetzbar als in kleinen. Demnach würden Beschäftigte, die in Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden arbeiten würden, seltener in ihrem privaten Leben für dienstliches kontaktiert werden als Beschäftigte in kleinen Unternehmen.
Niveau bleibt konstant
Als nächstes wird das Thema Erreichbarkeit im Homeoffice durch das IW weiter beleuchtet, indem die Ergebnisse der Arbeitszeiterhebung von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit vorgestellt werden. Demnach seien die Ergebnisse ähnlich und die Arbeitszeiterhebung ergänze dies noch um einen Zeitvergleich zwischen den Jahren 2015 und 2017. In beiden Jahren hätten jeweils rund 12 Prozent der Befragten angegeben, häufig auch während ihres privaten Lebens für dienstliches erreichbar zu sein. Auch die Zahl der Befragten, die angaben das Gefühl zu haben, dass dies von ihnen erwartet werde, blieb ähnlich und lag 2017 bei 24 Prozent (2 Prozent höher als 2015). Es sei demnach keine vermehrte Vermischung zwischen Privatem und Beruflichem zu erkennen.
Erwartung über tatsächlicher Kontaktierung
In beiden Studien habe sich herausgestellt, dass die erwartete Erreichbarkeit der Beschäftigten über der tatsächlichen dienstlichen Kontaktierung während des Privatlebens liege. In der Befragung des IW hätten 23 Prozent der Befragten, welche mobil arbeiten würden, die Erreichbarkeitserwartung überschätzt. Anders sei dies bei 16 Prozent, die die Erreichbarkeitserwartung unterschätzen würden.
Als mögliche Erklärung wird dafür vom IW unter anderem angeführt, dass Berufsmodelle wie Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst dazu führen würden, dass Beschäftigte häufig in ihrem privaten Leben erreichbar sein müssten, wobei diese Erreichbarkeit nicht in allen Fällen tatsächlich genutzt wird, da ein Einsatz nicht nötig ist.
Außerdem sei es so, dass die Erreichbarkeit nicht immer durch das Unternehmen angeordnet bzw. gefordert sei und einige Beschäftigten aus eigener Motivation bzw. aus eigenen Gründen auch in ihrer Freizeit erreichbar seien.
Einige Beschäftigte könnten durch die erweiterte Erreichbarkeit auch eine Leistungsbereitschaft signalisieren wollen. Dies könne durch die Angst motiviert sein, sonst keine guten Karrierechancen mehr zu haben. Um dies abzubauen, müsse eine Unternehmenskultur aufgebaut werden, die darauf aufbaue, dass keine Anwesenheitskontrollen nötig seien, um vertrauensvoll miteinander zu sein.
Das Thema Erreichbarkeit im Homeoffice ist somit ein vielschichtiges, das einige Beschäftigte mehr betrifft als andere. Dabei scheint unter anderem die Unternehmenskultur wichtig dafür zu sein, wie die Beschäftigten mit dem Thema umgehen.
Hier finden Sie den IW-Kurzbericht 39/2020:
Erreichbarkeit gestalten: verfügbar, beschäftigt oder abwesend?
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