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Der Begriff Regelstudienzeit begegnet einem früher oder später, wenn man studiert oder studieren möchte. Viele Studierende setzen sich regelrecht unter Druck, um ihr Studium in dieser Zeit abzuschließen. Aber was genau ist die Regelstudienzeit eigentlich? Muss man sie einhalten? Wie wichtig ist die Regelstudienzeit?
Was genau ist die Regelstudienzeit?
Als Regelstudienzeit wird die Semesteranzahl bezeichnet, die nötig ist, um den jeweiligen Vollzeitstudiengang abzuschließen. Bei Bachelorstudiengängen beträgt sie meist 6 bis 8 Semester. In Masterstudiengängen 2 bis 4 Semester. Für einen konsekutiven Master ist eine Regelstudienzeit von 10 Semestern vorgesehen. Dabei entspricht die Regelstudienzeit aber nicht grundsätzlich der tatsächlichen Studienzeit. Diese kann sowohl kürzer, als auch länger als die angesetzte Regelstudienzeit sein. Festgelegt wird die jeweilige Regelstudienzeit durch die Prüfungs- oder Studierordnung des jeweiligen Studiengangs an der jeweiligen Hochschule. Weitgehend wird sie aber durch die Hochschulgesetzgebung geregelt.
Ursprünglich ist die Regelstudienzeit ein juristisch definierter Begriff, denn sie ist als Rechtsanspruch für Studierende gedacht. Das heißt, dass Hochschulen einen Studiengang bzw. ein Fach nicht einfach aus ihrem Angebot streichen dürfen, wenn noch Studierende in Regelstudienzeit das Fach studieren. Als Studierender ist man also davor geschützt, dass die Hochschule das eigene Fach aus dem Angebot streicht, während man noch in Regelstudienzeit studiert.
Die tatsächliche Studienzeit
Die Regelstudienzeit geht von optimalen Studienbedingungen aus. Das heißt, dass man sich als Studierender voll und ganz auf das Studium konzentrieren kann, eine gute Selbstorganisation hat und das Studium so ohne Probleme durchziehen kann. Diese optimalen Bedingungen gibt es in der Realität jedoch kaum. Viele Studierende müssen sich das Studium beispielsweise durch einen Nebenjob finanzieren, haben Kinder oder müssen Angehörige pflegen. Selbst bei noch so guter Selbstorganisation kann es so dazu kommen, dass die Regelstudienzeit nicht eingehalten werden kann. Aber auch durch zusätzliche Praktika oder Auslandssemester oder zu wenige Seminar- oder Laborplätze kann sich das Studium in die Länge ziehen. Um wie viele Semester die Regelstudienzeit überschritten werden darf, ist von Studiengang zu Studiengang und von Hochschule zu Hochschule verschieden.
Auch eine Unterschreitung der Regelstudienzeit ist möglich. Es kommt jedoch eher selten vor, dass Studierende ihr Studium frühzeitig abschließen, da die Regelstudienzeiten in der Regel knapp gesetzt sind.
Die Regelstudienzeit entspricht also nicht immer der tatsächlichen Studienzeit. Es ist sogar so, dass sie in den meisten Fällen nicht eingehalten wird. Laut Statistischem Bundesamt schafften 2014 nur 40 Prozent der Studierenden ihren Studienabschluss in der Regelstudienzeit. Oftmals brauchten die Studierenden länger. Rechnet man nämlich auf die Regelstudienzeit noch zwei Semester drauf, so haben mindestens 85 Prozent der Studierenden ihren Hochschulabschluss erlangt.
Wie wichtig ist die Einhaltung der Regelstudienzeit?
Soweit zur Regelstudienzeit und der tatsächlichen Studienzeit. Die Mehrzahl der Studierenden schafft ihr Studium demnach nicht in der vorgesehenen Zeit. Dennoch verspüren die meisten Studierenden einen enormen Druck, ihr Studium in dieser Zeit abschließen zu müssen, um gute Berufschancen zu haben. Aber wie wichtig ist die Einhaltung der Regelstudienzeit wirklich?
Der Studienabschluss innerhalb der Regelstudienzeit ist vor allem für die Studierenden wichtig, die BAföG beziehen. Die finanzielle Unterstützung gilt nämlich in der Regel nur für die Dauer der Regelstudienzeit. Wer hierauf angewiesen ist, hat wenig Spielraum für die Überschreitung der Regelstudienzeit. Bei Problemen hierbei, kann eine gute Selbstorganisation hilfreich sein. Wichtig ist aber auch der Hinweis, dass die BAföG Unterstützung nur die Anzahl der Fachsemester berücksichtigt. Wenn also schon absehbar ist, dass man ein oder zwei Semester gar nicht bis kaum studieren kann, beispielsweise auf Grund von Krankheit, ist es sinnvoll, ein Urlaubssemester an der Hochschule zu nehmen. Dieses wird nämlich nicht zu den Fachsemestern gezählt und demnach nicht auf die Regelstudienzeit angerechnet.
Aber auch Studierende, die kein BAföG beziehen fühlen sich oft unter Druck gesetzt, innerhalb der Regelstudienzeit bleiben zu müssen, da sie befürchten, sonst schlechtere berufliche Perspektiven zu haben. Tatsächlich ist es jedoch so, dass eine Überschreitung der Regelstudienzeit um ein oder zwei Semester später kaum einen Nachteil bringt. Zwar werden Personaler im Vorstellungsgespräch vermutlich fragen, warum die Regelstudienzeit überschritten wurde, aber hat man diese Zeit sinnvoll genutzt und kann die längere Studienzeit gut und plausibel erklären, ist das meist kein Problem. Was sind beispielsweise gute Gründe für die Überschreitung der Regelstudienzeit?:
- Praktika: Wenn sich während des Studiums die Möglichkeit für ein Praktikum bietet, ist es oft sinnvoll, diese zu nutzen, da so wertvolle praktische Erfahrung gesammelt werden kann. Diese ist im späteren Berufsleben oft von Vorteil.
- Auslandssemester: Hier verhält es sich ähnlich wie mit den Praktika. Durch Auslandssemester können viele neue Kenntnisse erworben werden und man profitiert auch häufig persönlich von der Herausforderung. Die erworbenen Auslandserfahrungen und Sprachkenntnisse sind ebenfalls gerne gesehen im späteren Berufsleben.
Aber auch andere Gründe für die Überschreitung, wie ein Nebenjob oder die Kinderbetreuung, bringen einem meist keine Nachteile ein, wenn die Überschreitung nicht zu groß ist.
Das bedeutet jedoch nicht, dass man es darauf anlegen sollte, die Regelstudienzeit deutlich zu überschreiten. Wer zu lang braucht, kann schnell als faul oder nicht ehrgeizig angesehen werden. Die Überschreitung der Regelstudienzeit sollte deshalb nicht ausarten und man sollte sie gut erklären können.
Fazit
Weniger als die Hälfte der Studierenden beendet ihr Studium innerhalb der Regelstudienzeit. Die Überschreitung dieser ist deshalb in den allermeisten Fällen also kein Weltuntergang und geht auch häufig nicht mit beruflichen Nachteilen einher. Bei Gründen wie Praktika oder Auslandssemester kann es sogar so sein, dass dies als Vorteil ausgelegt wird. Dennoch sollte die Regelstudienzeit nicht zu stark überschritten werden, da dies als Faulheit ausgelegt werden kann. Generell gilt, dass man die Überschreitung gut und plausibel in Vorstellungsgesprächen erklären können sollte. Für Studierende, die auf die Unterstützung durch BAföG angewiesen sind empfiehlt es sich, gegebenenfalls ein Urlaubssemester in Erwägung zu ziehen, wenn absehbar ist, dass sie ein oder zwei Semester nicht studieren werden können. So können auch sie trotz beispielsweise Krankheit oder zu pflegenden Angehörigen in der Regelstudienzeit bleiben.
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