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Profiling InstitutIn einem aktuellen Kurzbericht des Instituts der deutschen Wirtschaft aus dem Jahr 2023 wird ein anhaltendes Problem in Deutschland deutlich: Der Bedarf an institutioneller Kinderbetreuung für Unter-Dreijährige übersteigt das Angebot erheblich. Während sich Eltern für rund 1,16 Millionen Kleinkinder eine solche Betreuung wünschen, stehen tatsächlich nur 857.000 Plätze zur Verfügung. Sogar ein Jahrzehnt nach der Einführung des Rechtsanspruchs auf Betreuung besteht immer noch ein alarmierender Mangel von 299.000 Plätzen.

Ein Rückblick auf die Geschichte der Kinderbetreuung

In den westdeutschen Familienpolitik herrschte lange Zeit das Leitbild der Hausfrauenehe vor. Die Verantwortung für die Betreuung der Kinder lag fast ausschließlich bei den Müttern. Obwohl Kindergärten sich in den 1970er- und 1980er-Jahren langsam etablierten, wurde erst 1996 ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder im Alter zwischen drei Jahren und dem Schulbeginn geschaffen. Im Westen Deutschlands war institutionelle Kinderbetreuung für Unter-Dreijährige um die Jahrtausendwende eine Seltenheit. Im Osten existierte bereits eine umfangreiche Betreuungsinfrastruktur, die jedoch nach der Wiedervereinigung stark abgebaut wurde.

Im neuen Jahrtausend wurde klar, dass der Rahmen der Familienpolitik den veränderten gesellschaftlichen Bedürfnissen nicht mehr gerecht wurde. Die Teilhabe von Müttern am Arbeitsmarkt musste gefördert werden. Dies führte zu einer grundlegenden Neuausrichtung, einschließlich der Einführung des Elterngeldes im Jahr 2006 und des Anspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem ersten Lebensjahr im Jahr 2007.

Die Realität der Kinderbetreuung

Trotz des festgelegten Rechtsanspruchs war bereits zu Beginn klar, dass die Gemeinden Zeit benötigen würden, um die notwendige Infrastruktur für Unter-Dreijährige zu schaffen. Das Inkrafttreten des Rechtsanspruchs wurde auf 2013 terminiert, begleitet von einem Ziel, bis dahin 750.000 Betreuungsplätze zu schaffen. Tatsächlich waren 2013 jedoch nur 596.000 Kinder unter drei Jahren in Betreuung, und es dauerte bis 2017, bis die Marke von 750.000 überschritten wurde.

Die aktuellen Zahlen zeigen, dass der Bedarf gestiegen ist. 49,1 Prozent aller Kinder unter drei Jahren in Deutschland benötigen eine institutionelle Betreuung. Dies führt zu einer Lücke von 299.000 Plätzen, was 13,6 Prozent dieser Altersgruppe entspricht.

Regionale Unterschiede und die Herausforderung des Fachkräftemangels

Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern in Bezug auf die Nachfrage nach institutioneller Betreuung. Besonders in Bayern und Baden-Württemberg ist die Nachfrage im Vergleich zu Brandenburg und Sachsen-Anhalt geringer. Dabei zeigt sich ein starkes Ost-West-Gefälle.

Die Verfügbarkeit von Fachkräften stellt eine weitere Herausforderung dar. Obwohl die Anzahl der pädagogischen Beschäftigten in Kindertagesstätten gestiegen ist, gibt es immer noch Engpässe. Ein weiterer Ausbau der Infrastruktur wird stark durch diesen Mangel gehemmt. Hier hätte eine verstärkte Investition in die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern möglicherweise helfen können.

Hoffnung auf Entspannung durch demografische Entwicklung

Langfristig könnte die demografische Entwicklung zu einer Entspannung der Lage führen. Die Geburtenzahlen sind in den letzten Jahren gesunken. Während Deutschland in den 2010er-Jahren hohe Geburtenzahlen verzeichnete, waren es 2022 und im ersten Halbjahr 2023 weniger Neugeborene. Doch es gibt regionale Unterschiede, und viele Kommunen erleben immer noch Zuzug von Familien, daher sollte nicht vorschnell von rückläufigen Kinderzahlen ausgegangen werden.

Der Trend zu einem früheren Betreuungsbeginn

Zuletzt ist ein Trend zu einem früheren Betreuungsbeginn zu beobachten. Während der dritte Geburtstag in der Vergangenheit die gängige Altersgrenze für den Kita-Besuch war, werden heute bereits Zweijährige institutionell betreut. Dies spiegelt sich in steigenden Betreuungsquoten wider. Neben den östlichen Bundesländern hat Hamburg die höchsten Quoten, mit einer Betreuungsquote von 84,6 Prozent für Zweijährige.

Die Bedürfnisse der Familien hängen von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Kosten, die zeitliche Verfügbarkeit und die pädagogische Qualität der Angebote. Die Herausforderung besteht darin, eine institutionelle KInderbetreuung anzubieten, die den Bedürfnissen der Kinder gerecht wird und gleichzeitig den Eltern ermöglicht, am Arbeitsmarkt teilzunehmen.

Insgesamt steht die Kinderbetreuung in Deutschland vor anhaltenden Herausforderungen, die von regionalen Unterschieden bis hin zu Fachkräftemangel reichen. Eine flexible und auf die Bedürfnisse der Familien zugeschnittene Politik wird entscheidend sein, um sicherzustellen, dass Kinder angemessen betreut und gefördert werden.

 

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Über den Autor J Bohlken