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Die Zeit, bevor das Kind in den Kindergarten kommt, ist meist noch geprägt von Aufregung und auch Vorfreude seitens des Kindes. Kommt dann allerdings der Tag, an dem es soweit sein soll, können auch ganz andere Emotionen und Gefühle zum Vorschein kommen. Von Neugierde und Freude, bis hin zu Verzweiflung, Angst und Weinen kann alles dabei sein. Deshalb ist die Kindergarteneingewöhnung wichtig. Auf was sollte man achten?

Eine schwierige Zeit

Der Übergang vom Elternhaus in den Kindergarten ist für Kinder eine aufregende, aber eventuell auch beängstigende Zeit. Wie Kinder auf die Umstellung reagieren, kann dabei sehr unterschiedlich und individuell sein. Während die Kindergarteneingewöhnung einigen Kindern gar nichts ausmacht und Neugierde und Entdeckungsdrang vorherrschen, sind andere Kinder eher ängstlich und reagieren daher mit weinen, schreien und Verzweiflung, wenn die Eltern gehen wollen.

Wie das Kind reagiert, hängt dabei zum Teil von dessen Charakter und Wesen ab. Aber auch die bisher gemachten Erfahrungen des Kindes spielen eine Rolle, also wie sehr es vorher mit Gleichaltrigen in Kontakt gekommen ist und wie das ablief, aber auch, ob es eventuell schon mal bei einer Tagesmutter, einer Krippe oder auch den Großeltern ohne die Eltern „in Betreuung“ war.

Wenn das Kind also zunächst extrem reagiert und verhindern möchte, dass die Eltern gehen, ist das keineswegs ein Grund zur Sorge, denn dies kommt häufig vorkommen. Eltern sollten versuchen, sich und dem Kind genügend Zeit für die Eingewöhnung zu geben, damit sich das Kind Stück für Stück an die neue Situation gewöhnen kann.

Das Eingewöhnungskonzept

Neben diesen Aspekten spielt bei der Kindergarteneingewöhnung aber auch das Konzept hierzu seitens der Kita/des Kindergartens eine Rolle und wie dieses umgesetzt wird.

Das momentan am meisten genutzte Konzept zur Kindergarteneingewöhnung in Deutschland ist das Berliner Eingewöhnungsmodell. Hier wird davon ausgegangen, dass eine Begleitung durch einen Elternteil/eine wichtige Bezugsperson des Kindes am Anfang nötig ist, damit dieses sich auf die neue Situation und die neue Betreuungsperson einlassen kann und so vom Kindergartenbesuch profitieren kann. Das Modell ist dabei in fünf Schritte eingeteilt:

  1. Information an die Eltern, dass diese bei der Eingewöhnung beteiligt sein werden
  2. Grundphase (3 Tage), Elternteil und Kind bleiben ca. 1-2 Stunden im Kindergarten, Elternteil beobachtet eigenes Kind intensiv & bietet ihm Sicherheit, ist allerdings eher passiv, da die Fachkraft versucht, nach und nach Kontakt zum Kind aufzubauen
  3. Erster Trennungsversuch (guter Verlauf: max. 30 Minuten Trennung, keine Beruhigung des Kindes möglich: Elternteil kehrt zurück) & Entscheidung bzgl. der Eingewöhnungsdauer (Kind hat sich nicht beruhigen lassen: Nächster Trennungsversuch erst in der 2. Woche, Eingewöhnungsphase ca. 2-3 Wochen; bei gutem Trennungsversuch: Eingewöhnungsphase von ca. 6 Tagen)
  4. Stabilisierungsphase, Trennungsphasen werden verlängert, Elternteil wird nur noch aktiv, wenn eine Situation nicht durch die Fachkraft regelbar ist
  5. Schlussphase, Elternteil nicht mehr vor Ort anwesend, aber erreichbar à Abschluss, wenn das Kind Vertrauen und Bindung zur Fachkraft aufgebaut hat (sich z.B. trösten lässt von dieser)

Neben diesem Modell gibt es auch das Münchener Eingewöhnungsmodell, welches eine aktive Beteiligung aller von Anfang an vorsieht, mit einem besonderen Fokus auf die Kindergruppe. Das Verfahren verläuft wie folgt:

  • Vorbereitungsphase vom Kindergarten, Gespräche mit Eltern
  • Schnupperwoche, Kind und Elternteil lernen Einrichtung und Fachkräfte an ganzem Vor-/Nachmittag kennen, welche versuchen die Interessen des Kindes herauszufinden
  • Frühestens am 6. Tag: Erster Trennungsversuch (guter Verlauf: Ausdehnung der Trennungszeit in folgenden Tagen)
  • Kontinuierliche Elterngespräche während Eingewöhnungszeit

Eltern sollten sich frühzeitig darüber informieren, welches Konzept der ausgewählte Kindergarten nutzt und wie genau dies ablaufen wird. Beiden Modellen gemein ist dabei, dass empfohlen wird, maximal 2 Kinder pro Woche mit der Eingewöhnung beginnen zu lassen. So können sich die Fachkräfte vor Ort die nötige Zeit für die neuen Kinder nehmen und so versuchen, früh eine Bindung herzustellen.

Tipps für Eltern

Nun soll es darum gehen, was Eltern dafür tun können, dass die Kindergarteneingewöhnung der Kinder gut verläuft. Wie bereits angesprochen sollten sie sich und dem Kind Zeit geben und diese auch einplanen. Die Eltern sind in dieser Phase wichtig und sollten daher auch die Zeit mitbringen, aktiv an dem Prozess mitzuwirken. Wer sich großzügig 4 Wochen Zeit einplant, kann gelassen an die Zeit herangehen.

Im Voraus können Eltern dem Kind bereits von dem Kindergarten erzählen. Dabei sollte es allerdings vermieden werden, davon zu schwärmen, wie toll es im Kindergarten ist, um keine unrealistischen Erwartungen beim Kind zu erzeugen, die während der Kindergarteneingewöhnung enttäuscht werden könnten. Vielmehr sollten sie davon erzählen, was auf das Kind zukommt und was genau überhaupt im Kindergarten passiert. Hierbei können Bücher und andere Medien eine Unterstützung sein, um spielerisch das Thema einzuführen. Ebenfalls positiv ist es, wenn die Eltern gemeinsam mit dem Kind die Tasche, Brotdose oder ähnliches für den Kindergarten aussuchen und kaufen.

Ebenfalls im Voraus sollten sich die Eltern allerdings auch selber auf die bevorstehende Veränderung vorbereiten, denn diese ist nicht nur für die Kinder schwierig. Je kleiner die Kinder sind, desto schwieriger fällt den Eltern meist die Trennung. Allerdings kann es sich nachteilig auf die Kindergarteneingewöhnung des Kindes auswirken, wenn sich die Eltern selbst schwer lösen können, denn die Kinder spüren dies, was verunsichernd wirken kann. Sollten Eltern merken, dass ihnen die Trennung schwerfällt, sollten sie hinterfragen und reflektieren, was der Grund hierfür ist. Sollte es an dem gewählten Kindergarten liegen, ist ein Wechsel möglicherweise sinnvoll, falls das möglich ist. Ansonsten können auch Gespräche vor Ort mit den Fachkräften weiterhelfen.

Für die erste Zeit im Kindergarten kann es dem Kind helfen, wenn es etwas Vertrautes dabei hat. Das kann ein Kuscheltier, ein Kuscheltuch, eine Decke oder ähnliches sein, was ihm ein Gefühl der Sicherheit gibt. Eltern sollten daran denken und dem Kind dies einpacken/mitgeben.

Während der Trennungsphasen im Kindergarten sollten Eltern sich immer verabschieden. Wenn sich Eltern wegschleichen, um weinen oder anderes zu umgehen, führt dies beim Kind zur Verunsicherung und zu dem Gefühl, verlassen worden zu sein. Deshalb sollten sich Eltern immer verabschieden.

Dieses verabschieden sollte dabei aber nicht ewig hingezogen werden. Wenn das Kind weint, darf es dies tun und sollte nicht ganz allein gelassen werden. Allerdings sollte sich der Elternteil trotz allem zügig verabschieden und entfernen, denn lange Abschiede machen es meist noch schwerer. An dieser Stelle können auch Rituale zum Abschied eingeführt werden, wie ein Abschiedskuss, die dem Kind Sicherheit geben und gleichzeitig signalisieren, dass der Elternteil nun geht. Weint das weiter Kind, versuche die Fachkräfte es zu beruhigen. Gelingt dies auch nach einiger Zeit nicht, kehrt der Elternteil gemäß dem Modell zurück und übernimmt die Rolle des Tröstens. Das kann während der Kindergarteneingewöhnung einige Male passieren und zeigt, dass das Kind noch nicht genügend Bindung und Vertrauen zur Fachkraft aufgebaut hat und die Eingewöhnung noch mehr Zeit benötigt, was jedoch nicht schlimm ist.

Um in einem oben genannten Fall auch wirklich schnell wieder da zu sein, ist es auch während der späteren Eingewöhnungszeit wichtig, erreichbar und verlässlich zu sein, damit das Kind sicher ist, die Eltern sind für es da und es ist nicht allein.

Auch der regelmäßige und anfangs enge Austausch mit den Fachkräften vor Ort kann ein wichtiger Faktor sein. Eltern sollten die Tipps dieser annehmen, aber auch selbst auf möglich Interessen der Kinder hinweisen, welche dann von den Fachkräften genutzt werden können, um eine Bindung aufzubauen.

Die Kindergarteneingewöhnung verläuft dabei bei jedem Kind individuell und sollte deshalb auch genauso individuell durchgeführt werden. Die genannten Tipps dienen nur der Orientierung und sind nicht abschließend oder vollständig.

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Über den Autor J Bohlken