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Die Digitalisierung und die mit ihr verbundenen neuen Technologien verändern die Arbeitswelt. Aber wie beeinflussen sich neue Technologien und bisheriges Berufswissen? Was passiert mit Arbeitnehmern, die noch in den alten Technologien ausgebildet wurden?

Auswirkungen der Digitalisierung

In einem früheren Beitrag wurde bereits darüber berichtet, wie sich Digitalisierung und Beschäftigungsentwicklung beeinflussen. Dabei kam heraus, dass sich diese beiden Dinge momentan auf keiner Ebene negativ bedingen.

In einem weiteren Beitrag wurde über den Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Weiterbildung berichtet. Demnach ziehen die neuen Entwicklungen neue Anforderungen nach sich, die durch Weiterbildung erschlossen werden müssten. Je weiter digitalisiert ein Unternehmen ist, desto mehr Weiterbildungsbedarf und Weiterbildungsbereitschaft besteht. Außerdem stehen neue digitale Lernmethoden zur Verfügung, die von stärker digitalisierten Unternehmen häufiger genutzt würden, als von weniger digitalisierten.

Dieser Weiterbildungsbedarf sei laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) allerdings mit hohen Kosten verbunden, sowohl auf Seiten der Beschäftigten, als auch auf Seiten der Betriebe. Außerdem seienneue Absolvent/innen meist besser ausgebildet im Umgang mit den neuen Technologien, als ältere Beschäftigte, da sich die Ausbildungen und Studiengängen an die neuen Entwicklungen anpassen würden. Der IAB hat sichmit Wissenschaftlern der Universität Bournemouth der Frage gewidmet, wie sich neue Technologien und bisheriges Berufswissen beeinflussen. Dazu haben sie ein Fallbeispiel aus der Metallindustrie genutzt und haben sich die Erwerbsverläufe von Beschäftigten langfristig angeschaut und analysiert. Die Ergebnisse wurden in dem Beitrag „Entwerten neue Technologien bisheriges Berufswissen? Lehren aus einer empirischen Fallstudie“ auf der Seite des IAB veröffentlicht.

Das Fallbeispiel

Das genutzte Fallbeispiel ist die Einführung der CNC-Technologie (Computer Numerical Control Machines) in der Metallindustrie vor ca. 30 Jahren. Laut IAB hätten Facharbeiter/innen der Metallindustrie vor der Einführung von computergesteuerten Maschinen in spanenden Metallberufen die Präzisionsmetallteile (Kolben, Schrauben, Zahnräder) an manuellen oder semi-manuellen Maschinen (Fräs-, Bohr-, Dreh-) produziert. Die semi-manuellen Maschinen seien durch einen Motor angetrieben worden, der wiederrum direkt durch Menschen bedient wurde.

Der Arbeitsalltag der Beschäftigten habe sich mit der Einführung der neuen Technologie allerdings stark verändert. Diese CNC-Maschinen würden nämlich verschiedene manuelle Maschinen integrieren und würden nun von einem Computer gesteuert werden, anstatt von einem Menschen. Dies habe die Produktion von Metallteilen in vielen Bereichen verbessert.

Durch die neue Technologie seien aber auch andere Fähigkeiten und Kenntnisse bei der Bedienung wichtig geworden, z.B. Kenntnisse im Programmieren. Außerdem hätten die Facharbeiter/innen lernen müssen, die neuen Maschinen richtig zu bedienen, sie an den Verarbeitungsprozess verschiedener Produkte anzupassen und diese mit verschiedenen Werkzeugen zu versehen. Das Arbeiten in der Metallindustrie habe sich demnach stark verändert, weshalb auch die Berufsausbildung zum/zur spanenden Maschinenmechaniker/in in den 1980er-Jahren angepasst und verändert wurde. Hier ist der Ausgangspunkt der Fallstudie mit dem Thema neue Technologien und bisheriges Berufswissen.

Die Fallstudie

Die Fallstudie hat an dem Punkt angesetzt, als die jungen Facharbeiter/innen, die an den CNC-Maschinen ausgebildet wurden, in den Arbeitsmarkt eingetreten sind. Es wurde analysiert, wie sich dieser Eintritt in den Arbeitsmarkt auf die Karrieren und Berufsverläufe von den Maschinenmechaniker/innen ausgewirkt hat, die noch nicht an den CNC-Maschinen ausgebildet wurden. So sollte herausgefunden werden, wie sich neue Technologien und bisheriges Berufswissen beeinflussen.

Es sei deutlich geworden, dass viele der älteren Facharbeiter/innen in den Betrieben weiterbeschäftigt worden seien. Jedoch hätten sich die jeweiligen Karrieren langfristig und durchschnittlich mehr verändert, als die der Kontrollgruppe, in welcher es keine ähnliche technologische Neuerung gegeben habe.

Die Facharbeiter/innen hatten demnach eine 10% höhere Chance, ihren Ausbildungsberuf zu verlassen. Außerdem habe ein sehr hoher Anteil in einen anderen Sektor gewechselt. Vor allem hätten viele in den Dienstleistungsbereich gewechselt. Auch der Anteil der Facharbeiter/innen, die einen Meister oder Techniker machten, sei durch die Änderungen der Ausbildung stark gesunken. Dennoch seien die Auswirkungen bezogen auf das Arbeitslosigkeitsrisiko eher gering ausgefallen. Nach der erneuerten Ausbildung sei die Dauer der Arbeitslosigkeit leicht und vorübergehend angestiegen. Langfristig habe es keine Zunahme gegeben. Dennoch habe es durchschnittliche Einkommensverluste für die Facherbeiter/innen gegeben, die noch an den alten Maschinen ausgebildet wurden. Diese Verluste seien aber noch relativ moderat und lägen laut IAB bei ungefähr 90% von einem Jahresgehalt über eine Periode von 25 Jahren.

Die neuen Facharbeiter/innen, die an den CNC-Maschinen ausgebildet wurden, hätten demnach keine Lohnverluste und auch kein erhöhtes Arbeitslosigkeitsrisiko. Außerdem würden sie langfristig gesehen eher im Beruf bleiben, als die älteren Facharbeiter/innen.

Fazit

Abschließend wird vom IAB bilanziert, wie sich neue Technologien und bisheriges Berufswissen beeinflussen. In der Fallstudie sei deutlich geworden, dass neue Technologien nicht zwingend dazu führen würden, dass Facharbeiter/innen, die noch in den alten Technologien ausgebildet wurden, ein höheres Arbeitslosigkeitsrisiko hätten. Vielmehr sei es vielen der Arbeiter/innen gelungen, in anderen Berufen stabile Karrieren aufzubauen. Dennoch sei es so, dass es langfristige Konsequenzen für die Karriere und Erwerbsverläufe von Beschäftigten geben könne. Dies sei beispielsweise im Hinblick auf Einkommens- und Aufstiegschancen der Fall. Es sei davon auszugehen, dass eine andauernde Weiterbildung in der Zukunft nicht wichtiger werden wird, um diese Konsequenzen zu umgehen.

Hier finden Sie den Beitrag des IAB:

Entwerten neue Technologien bisheriges Berufswissen? Lehren aus einer empirischen Fallstudie

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Über den Autor J Bohlken