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Studieren ist und bleibt attraktiv. Das hat das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in einer Modellrechnung zur Entwicklung der Studienanfängerzahlen bis 2050 herausgefunden. Die Studienanfängerzahl ist bereits zwischen den Jahren 2005 und 2011 erheblich gestiegen. Seitdem beginnen jedes Jahr ungefähr 500000 Menschen ihr Studium. Bis 2030 wird dieses Hochplateau laut der Modellrechnung zwar leicht abfallen, aber im Jahr 2050 wieder auf ca. 426500 Studienanfänger steigen. Aber woran liegt das?

 

 

Einflussfaktoren der Studienanfängerzahl

Die Modellrechnung der CHE nennt viele Einflussfaktoren, die sich wechselseitig beeinflussen. Es lassen sich Faktoren, die zu einer erhöhten individuellen Studierneigung führen und sogenannte Makrofaktoren unterscheiden. Faktoren, die die individuelle Studierneigung steigern sind laut CHE unter anderem das Geschlecht, die (Bildungs-)Herkunft, die Schulabschlussnote, die Einschätzung zu Studienkosten, die Erfolgserwartungen eines Studiums und die relativen Berufsaussichten. Laut CHE ist davon auszugehen, dass sich vor allem die subjektive Einstellung verändert hat. Die Einschätzung zu Studienkosten, den Erfolgsaussichten eines Studiums und den Berufsaussichten hat sich demnach dahingehend verändert, dass immer mehr Menschen ein Studium aufnehmen. Warum dies der Fall ist, hängt mit den Makrofaktoren zusammen.
Diese Makrofaktoren sind unter anderem die altersgruppenspezifische Bevölkerungsentwicklung und der Anstieg der Schulabgänger mit einer Hochschulzugangsberechtigung (dem (Fach-)Abitur). Auch doppelte Abiturjahrgänge, immer mehr ausländische Studienanfänger und die Öffnung der Hochschulen für Studienanfänger ohne Abitur zählen zu diesen Makrofaktoren.

 

 

Folgen der hohen Studienanfängerzahl

In ihrer Modellrechnung typisiert die CHE die Folgen grob in politische, organisationale und soziale Folgen.

 

Politische Folgen

Politisch ist die Ausweitung des Studienangebots eine notwendige Folge. Hierzu gibt es eine Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern, den Hochschulpakt 2020. Die erste Säule dieses Paktes zielt auf die Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger in drei Phasen (2007-2010, 2011-2015, 2016-2020). Um dies zu ermöglichen soll zusätzliches Lehrpersonal eingestellt werden. Die finanziellen Mittel hierfür stellen Bund und Länder bereit. Bis 2020 sollen 19 Milliarden Euro bereitgestellt werden. In den ersten beiden Phasen wurden bereits 760000 Studienanfänger zusätzlich zugelassen. Zwischen 2016 und 2020 sollen es noch einmal 760000 sein.  Dabei beziehen sich die zusätzlichen Erstsemester auf die Studienanfängerzahl des Jahres 2005. Es ist dabei davon auszugehen, dass die Ausweitung der Studienmöglichkeiten und die Studienanfängerzahl sich wechselseitig beeinflussen. Durch die Ausweitung wird die Studienneigung weiter stimuliert, was zu einer Übererfüllung der Ziele des Paktes führt. Das heißt, dass es durch den Pakt und den damit verbundenen Ausbau der Studienmöglichkeiten immer mehr Studienanfänger geben wird. Da das Ende dieses Hochplateaus nicht absehbar ist, sollten die Anreize und Finanzmittel laut CHE verlässlich und langfristig gestellt werden.

 

Organisationale Folgen

Neben den politischen Folgen werden vom CHE auch organisationale genannt. Demnach hat das Lehrpersonal an den Hochschulen zugenommen. Ebenfalls waren und sind Baumaßnahmen und Neugründung von Hochschulen und Hochschulstandorten Folgen. Auch auf dieser Ebene sind Wechselwirkungen des Angebots und der Nachfrage zu beobachten. Durch die inhaltliche Ausweitung des Studienangebots, bspw. durch Akademisierung von Berufsfeldern, werden mehr Menschen angesprochen. So steigt auch die Nachfrage und es wollen mehr Menschen ein Studium aufnehmen.

 

Soziale Folgen

Als dritten Punkt führt die CHE in ihrer Modellrechnung die sozialen Folgen an. Durch die gestiegene Studienanfängerzahl wird Studieren immer mehr zum Normalfall. Dadurch ändert sich auch die Zusammensetzung der Studierenden. Es gibt immer mehr Studierende mit einer bereits abgeschlossenen Berufsausbildung, mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung oder mit Kindern. Die Hochschulen und ihre Studierenden werden also zunehmend heterogener. Dadurch ergeben sich aber auch Probleme, denn Studierende aus bildungsfernen Familien verspüren häufig einen konstanten Anpassungsdruck. Hierdurch wird der Kern des akademischen Lehr- und Lernsystems problematisiert.  Die Hochschulen reagieren unter anderem mit Teilzeitstudienprogrammen. Weitere soziale Folgen sind laut CHE ein zunehmender Druck auf den studentischen Wohnungsmarkt und die Studienfinanzierung.

 

 

Weitere Ergebnisse und Forderungen

Die Studienanfängerzahl wird laut dieser Modellrechnung bis 2050 hoch bleiben. Zwar sei 2030 ein kleiner Rückgang zu erwarten, der aber danach wieder ansteige. Das Hochplateau wird deshalb voraussichtlich konstant bleiben. In den Ländern seien die Entwicklungen jedoch sehr unterschiedlich, weshalb die hohe Studienanfängerzahl als eine gesamtstaatliche Gestaltungsaufgabe gesehen werden sollte. Die Finanzierung müsse auf Dauer sichergestellt werden. Die CHE fordert, dass die Finanzierung deshalb nicht an Pakte mit Ablaufdaten geknüpft sein sollte, sondern eine langfristige gesamtstaatliche Lösung gefunden werden sollte. Der Staat soll laut Forderung der CHE in diesem Zusammenhang in seiner Rolle als Akteur der Hochschulfinanzierung dauerhaft Verantwortung übernehmen. Die dauerhafte Verlässlichkeit der Bundesfinanzierung beschreibt die CHE dabei als Pflicht. Die Kür sei es, die Qualität der Lehre zu verbessern. Dies sei durch Qualitätszuschläge und das Abfallen des Hochplateaus 2030 möglich. Damit dies gelingt, müssten die Hochschulen aber mit Qualitätstransparenz arbeiten.

 

Die Modellrechnung der CHE finden sie hier:

Auf dem Hochplateau der Studiennachfrage: Kein Tal in Sicht!

 

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Über den Autor J Bohlken