Berufsorientierung: Der Weg zur richtigen Entscheidung

Die Berufsorientierung stellt eine der wichtigsten Phasen im Leben junger Menschen dar. Sie beeinflusst nicht nur die persönliche Zufriedenheit, sondern auch die wirtschaftliche und berufliche Zukunft. Berufsorientierung beginnt abhängig von der gewählten Schulform zwischen der 8. und 10. Klasse.

1. Was versteht man unter Berufsorientierung?

Unter Berufsorientierung versteht man einen Prozess, den Jugendliche durchlaufen, mit dem Ziel einen optimal zu ihren Interessen, Neigungen, Fähigkeiten sowie zur Persönlichkeit passenden Ausbildungsberuf zu finden. Bei Personen, die bereits im Erwerbsleben stehen oder standen nennt man diesen Prozess in der Regel „berufliche Neuorientierung“.

Es bleibt festzuhalten, dass wir bei Berufsorientierung in der Regel an die Berufsorientierung von Jugendlichen und damit am ehesten an die Wahl eines Ausbildungsberufs denken. Doch der Begriff ist an sich weiter gefasst und schließt den gesamten beruflichen Lebensweg ein. Bei jeder Art des Berufswechsels spielen Orientierungen und Anpassungen ein wesentliche Rolle. Die Fähigkeit zur Berufsorientierung ist stark an die Persönlichkeitsentwicklung und damit Kompetenzentwicklung geknüpft.

Die erste Berufsorientierung bei Jugendlichen hat eine maßgebliche Bedeutung für den weiteren persönlichen und beruflichen Lebenslauf. Sie beeinflusst nicht nur die persönliche Zufriedenheit, sondern auch die wirtschaftliche und berufliche Zukunft. Doch wie findet man den richtigen Weg? Welche Faktoren spielen bei der Entscheidungsfindung eine Rolle? Und welche Möglichkeiten der Unterstützung im Rahmen der Berufsorientierung gibt es? In diesem umfassenden Leitfaden geben wir wertvolle Tipps zur erfolgreichen Berufsorientierung.

2. Welche Bedeutung hat die Berufsorientierung?

Die richtige Berufsorientierung ist von entscheidender Bedeutung für die individuelle Karriereentwicklung. Fehlentscheidungen können zu Frustration, zum Abbruch von Berufsausbildungen oder beruflicher Unzufriedenheit führen. Eine gezielte Berufsorientierung hilft dabei, eigene Interessen, Stärken und Werte zu erkennen und mit den Anforderungen des Arbeitsmarktes in Einklang zu bringen.

Moderne Bildungs- und Berufswege sind vielfältiger denn je. Neben klassischen Studiengängen an Universitäten gibt es praxisorientierte Fachhochschulen, duale Studiengänge und zahlreiche Ausbildungsberufe. Zudem entwickelt sich der Arbeitsmarkt stetig weiter, was neue Berufsbilder und Karrierechancen schafft. Insbesondere die KI – Künstlichen Intelligenz wird in den kommenden Jahren einen maßgeblichen Einfluss auf die Neu- bzw. Umgestaltung verschiedener Berufsbilder haben. Hier lassen sich zwar erste Trends für einen massiven Einfluss auf verschiedene Bereiche erkennen aber eine abschließende Beurteilung der kompletten Entwicklung ist aktuell noch nicht möglich.

Berufsorientierung - Selbstreflexion

3. Selbstreflexion als wesentliche Basis der Berufsorientierung

Der  Prozess der Berufsorientierung beginnt idealerweise mit einer Phase der Selbstreflexion. Die Fähigkeit zur Selbstreflexion ist selbstredend auch altersabhängig. Es fällt reiferen Personen mit einem Plus an Lebenserfahrung natürlich leichter sich selbst zu reflektieren als Jugendlichen. Die Fähigkeit zur Selbstreflexion steigt mit zunehmender Persönlichkeitsentwicklung. Dennoch gibt es eine Reihe von Hilfestellungen für Jugendliche sich dem Thema anzunähern. Folgende Fragen helfen bei einer ersten Selbstreflexion:

  • Welche Fächer haben mir in der Schule Spaß gemacht?
  • Welche Tätigkeiten kann ich mir langfristig vorstellen?
  • Welche Werte sind mir im Beruf wichtig (z. B. Sicherheit, Kreativität, Verantwortung)?
  • Wo liegen meine persönlichen Stärken und Schwächen?
  • Welche berufsbezogenen Fähigkeiten entdecke ich bei mir?

Es gibt eine Reihe von hilfreichen Methoden sich dem Thema konkreter anzunähern. Hilfreich sind hierbei:

  • psychologische Tests zur Studien- und Berufsorientierung.
  • Online-Plattformen wie der Berufswahltest der Agentur für Arbeit
  • der Berufsorientierungs-Kompass
  • Holland-Code-Test

können erste Hinweise geben. Dennoch sollten Testergebnisse stets mit weiteren Informationen kombiniert werden.

Quellen der Unterstützung bei Berufsorientierung

4. Wer sind die wichtigsten Unterstützer bei der Berufsorientierung?

An wen wenden sich Jugendliche um Unterstützung bei der Berufsorientierung zu erfahren?

  • Familie: Eltern und Geschwister haben nach wie vor einen großen Einfluss auf die Berufswahl, sowohl durch ihre eigenen Vorstellungen als auch durch die Unterstützung, die sie bieten.
  • Schule und Lehrer: Lehrer können durch ihre berufliche Erfahrung und ihre Kenntnisse über verschiedene Berufe und Ausbildungswege Orientierungshilfe leisten.
  • Internet: Das Internet spielt mit 48% ebenso eine wichtige Rolle. Die Daten der Studie stammen aus dem Jahr 2021. Sicherlich hätte das Internet mit seinen modernen KI-Tools heute einen stärkeres Ergebnis erzielt.
  • Agentur für Arbeit: Abhängig von der sozialen Schicht spielt die Beratung bei der Agentur für Arbeit mit 36% eine wesentliche Rolle bei der Berufsorientierung von Jugendlichen.
  • Bekannte und Verwandte: Gespräche und der Austausch mit Freunden können zu einer besseren Selbstwahrnehmung und zu einer differenzierten Betrachtung.
  • Freunde: Der Austausch und das Gespräch mit Freunden wird von vielen Jugendlichen als wichtig eingeschätzt.
  • Soziale Medien: Der recht geringe Anteil der sozialen Medien als Unterstützung bei der Berufsorientierung mag daran liegen, dass die Daten bereits im Jahr 2021 erhoben wurden.

Quelle: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2022/juli/mehrheit-der-jugendlichen-fehlt-der-durchblick-bei-der-berufswahl

Berufsorientierung

5. Welche Berufsfelder gibt es?

Eine gründliche Recherche im Rahmen der Berufsorientierung ist essenziell, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Informationen zu Berufen und Berufsfeldern erhält man auf verschiedenen Wegen:

  • Hochschulen und Universitäten: Viele bieten eigene Informationsveranstaltungen, Studienberatung und Schnuppertage an.
  • Berufsinformationszentren (BIZ): Die Bundesagentur für Arbeit stellt detaillierte Berufsbeschreibungen, Gehaltsaussichten und Karrierewege zur Verfügung.
  • Online-Portale: Webseiten wie studienwahl.de oder berufenet.arbeitsagentur.de liefern detaillierte Einblicke in Studiengänge und Berufsmöglichkeiten.
  • Unternehmen und Praxiserfahrungen: Praktika oder Werkstudentenstellen helfen, realistische Eindrücke von bestimmten Berufen zu erhalten.

Ein besonders wertvoller Ansatz ist das Netzwerken mit Berufstätigen, etwa über Plattformen wie LinkedIn oder durch Alumni-Netzwerke der Schulen und Hochschulen.

Man unterscheidet folgende 16 Berufsfelder in Deutschland:

  • Bau, Architektur, Vermessung
  • Dienstleistung
  • Elektro
  • Gastronomie
  • Gesundheit
  • IT, Computer
  • Kunst, Kultur, Gestaltung
  • Landwirtschaft, Natur, Umwelt
  • Medien
  • Metall, Maschinenbau
  • Naturwissenschaft
  • Produktion, Fertigung
  • Soziales, Pädagogik
  • Technik, Technologiefelder
  • Verkehr, Logistik
  • Wirtschaft, Verwaltung

Diesen 16 Berufsfeldern sind die 350 in Deutschland angebotenen Ausbildungsberufe zugeordnet.

6. Welche Hochschularten und Ausbildungswege gibt es?

Je nach persönlichen Präferenzen und beruflichen Zielen gibt es verschiedene Bildungswege:

  • Universität: Theoretisch ausgerichtetes Studium mit hoher Wissenschaftlichkeit. Geeignet für Forschung, Lehre und analytische Berufe.
  • Fachhochschule: Praxisnähere Ausbildung mit enger Verzahnung zur Wirtschaft. Oftmals bessere Berufseinstiegschancen in der Industrie.
  • Duales Studium: Kombination aus Theorie und Praxis mit Vergütung durch ein Unternehmen. Besonders empfehlenswert für praxisorientierte Karrieren.
  • Ausbildung: Direkter Einstieg in die Berufswelt mit Vergütung und hoher praktischer Relevanz. Manche Berufe erfordern eine Weiterbildung oder Meisterprüfung für den Aufstieg.
  • Weiterbildung und alternative Bildungswege: Bootcamps, Fernstudiengänge und Online-Kurse ermöglichen flexible und praxisnahe Qualifikation.

Jeder Weg hat seine Vor- und Nachteile. Daher sollte man persönliche Ziele und Lernpräferenzen genau abwägen.

In Deutschland unterscheidet man folgende 10 Studienfelder:

  • Agrar- und Forst­wissenschaften
  • Gesellschafts- und Sozial­wissenschaften
  • Ingenieur­wissenschaften
  • Kunst, Musik, Design
  • Mathematik, Natur­wissenschaften
  • Medizin, Gesund­heitswissen­schaften
  • Sprach- und Kulturwissen­schaften
  • Wirtschafts- und Rechts­wissenschaften
  • Lehramt
  • Öffentliche Verwaltung

Diesen 10 Studienfeldern sind aktuell etwa 11.000 Studiengänge mit dem Abschluss „Bachelor“, etwa 11.000 Studiengänge mit dem Abschluss „Master“ und etwa 1.500 Studiengänge mit dem Abschluss „Staatsexamen“ zugeordnet.

Weitere Informationen zu möglichen Ausbildungsberufen und Studiengängen liefern folgende Anlaufstellen im Rahmen der Berufsorientierung:

  • Unter AusbildungPlus findet man Informationen zum dualen Studium und eine Auflistung aller verfügbaren dualen Studiengänge.
  • Die Seite Planet Beruf liefert einen Überblick über alle verfügbaren Ausbildungsberufe.
  • Einen Überblick über alle in Deutschland verfügbaren Studiengänge findet man unter Hochschulkompass. 
Berufsorientierung

7. Welchen Einfluss hat die Lage auf dem Arbeitsmarktes auf die Berufsorientierung?

Wie wichtig ist es, die aktuellen Lage des Arbeitsmarktes im Rahmen der Berufsorientierung zu bedenken? Gerade die Künstliche Intelligenz hat wesentlichen Einfluss auf den Arbeitsmarkt.  Die Nachfrage nach bestimmten Berufen variiert je nach wirtschaftlicher Entwicklung, Technologietrends und gesellschaftlichen Veränderungen. Zu den zukunftssicheren Branchen zählen:

  • MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik): Ingenieure, Softwareentwickler und Data Scientists sind gefragter denn je.
  • Gesundheits- und Pflegeberufe: Durch den demografischen Wandel steigt der Bedarf an Fachkräften in Pflege und Medizin.
  • Nachhaltigkeit und Umweltwissenschaften: Grüne Berufe gewinnen durch Klimawandel und Umweltbewusstsein an Bedeutung.
  • Kreativ- und Medienberufe: Digitale Kommunikation, Social Media und Designberufe entwickeln sich dynamisch weiter.

Ein Blick auf Gehaltsstrukturen und Karriereaussichten hilft bei der Berufsorientierung und der langfristigen Planung. Die Arbeitsmarktprognosen der Bundesagentur für Arbeit oder wissenschaftliche Studien können dabei wichtige Orientierungshilfen für die Berufsorientierung sein.

8. Welche Angebote zur Unterstützung der Berufsorientierung gibt es?

Niemand muss die Entscheidung allein treffen – zahlreiche Beratungsangebote stehen im Rahmen der Berufsorientierung zur Verfügung:

  • Schulische Berufsberatung: Viele Schulen bieten Workshops und Beratungsgespräche zur Berufsorientierung im Rahmen des Programms BOP an.
  • Berufs- und Studienberatung der Agentur für Arbeit: Kostenloses Angebot mit individueller Beratung zur Berufswahl.
  • CheckU von der Agentur für Arbeit https://www.arbeitsagentur.de/bildung/welche-ausbildung-welches-studium-passt
  • Berufswahlpass https://www.berufswahlpass.de
  • Berufsorientierung ZYND https://zynd.de
  • Messen und Hochschulinformationstage: Direkte Gespräche mit Hochschulen und Unternehmen bieten wertvolle Einblicke während der Berufsorientierung.
  • Studien- und Berufsberater:innen: Private Coaches wie das Profiling Institut können bei der Entscheidungsfindung unterstützen.
  • Eltern, Lehrer und Mentoren: Personen mit Erfahrung können wertvolle Impulse zur Berufswahl geben.

9. Praktische Erfahrungen sammeln: Praktika, Nebenjobs und Freiwilligendienste für die Berufsorientierung

Praktische Erfahrungen helfen dabei, ein realistisches Bild von Berufen und Studiengängen zu gewinnen. Empfehlenswerte Optionen sind:

  • Schülerpraktika: Frühes Reinschnuppern in verschiedene Berufsfelder.
  • Nebenjobs und Werkstudentenstellen: Erste Arbeitserfahrungen während des Studiums oder der Schule.
  • Freiwilligendienste: Soziale oder ökologische Projekte (z. B. FSJ, FÖJ) bieten Orientierung und wertvolle Erfahrungen.
  • Gap Year Programme: Zeit für Auslandserfahrungen, Sprachkurse oder interkulturelles Lernen.

Diese Erfahrungen helfen nicht nur bei der Entscheidungsfindung, sondern verbessern auch den Lebenslauf.

Berufsorientierung

10. Entscheidungsfindung: Was sind Kriterien für die richtige Berufsorientierung?

Nach der Sammlung aller relevanten Informationen steht die finale Entscheidung an. Dabei helfen folgende Methoden:

  • Pro- und Kontralisten: Übersichtliche Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile einzelner Optionen.
  • Visualisierungstechniken: Mindmaps oder Entscheidungsmatrizen können helfen, Gedanken zu strukturieren.
  • Testläufe: Hochschulschnuppertage oder freiwillige Praktika geben wertvolle Einblicke.
  • Gespräche mit Experten und Ehemaligen: Direkte Erfahrungsberichte aus erster Hand können Klarheit schaffen.

Entscheidungen sollten nicht unter Zeitdruck getroffen werden. Es ist sinnvoll, mehrere Optionen zu prüfen und eine bewusste Wahl zu treffen.

11. Plan B: Alternative Wege und Flexibilität

Nicht immer verläuft der Bildungsweg wie geplant. Daher ist es ratsam, Alternativen zu kennen:

  • Studienwechsel: Wer nach einigen Semestern merkt, dass der gewählte Studiengang nicht passt, kann oft wechseln.
  • Umschulungen und Weiterbildungen: Auch nach einer Ausbildung oder einem Studium gibt es Möglichkeiten zur Neuausrichtung.
  • Berufliche Quereinstiege: Viele Unternehmen stellen mittlerweile Fachkräfte mit unterschiedlichen Bildungswegen ein.

Flexibilität und die Bereitschaft zur Weiterentwicklung sind entscheidend für langfristigen Erfolg. Die erste Orientierung ist nur der Anfang.

12. Fazit: Gut informiert zur richtigen Berufsorientierung

Die Berufsorientierung ist ein komplexer Prozess, der Zeit, Selbstreflexion und gründliche Recherche erfordert. Wer seine Interessen und Stärken kennt, sich umfassend informiert und praktische Erfahrungen sammelt, kann
eine fundierte Entscheidung treffen. Unterstützung durch Beratung, Netzwerke und Mentoren kann dabei helfen, den eigenen Weg erfolgreich zu gestalten.

Langfristig zählt nicht nur die erste Studien- und Berufswahl, sondern auch die Bereitschaft zur lebenslangen Weiterbildung und Anpassung an neue berufliche Herausforderungen. Die Zukunft der Arbeit ist dynamisch – mit der richtigen Orientierung kann sie erfolgreich und erfüllend gestaltet werden.

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Über den Autor Jan Bohlken

Jan Bohlken (Gründer & Inhaber des Profiling Institut) ist seit über 20 Jahren Studien- und Berufsberater, Karrierecoach und Headhunter bei BohlkenConsulting. Im Blog des Profiling Instituts setzt er sich seit 2007 regelmäßig mit verschiedensten Themen aus dem Umfeld Schule, Studium, Karriere und Bildung auseinander. Er ist Experte in vielen aktuellen Themenfeldern rund um das Feld Bildung.

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